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Die CSU ist drauf und dran, die Regierung gegen die Wand zu fahren - Das nutzt jedoch nur der AfD

Opposition ist Mist, so lautet ein Satz von Franz Müntefering. Als Mann hinter Gerhard Schröder tat er viel, um dem Agenda-Kanzler den Rücken freizuhalten. Vor elf Jahren war der Sauerländer ein Wegbereiter der damaligen ersten Großkoalition unter Angela Merkel. Und Müntefering war einer, der dafür sorgte, dass die politische Zweckehe vier Jahre lang hielt.

Geschrieben von Reinhard Zweigler am . Veröffentlicht in Politik.
Foto: Metropolico.org / Flickr (CC BY-SA 2.0)

Opposition ist Mist, so lautet ein Satz von Franz Müntefering. Als Mann hinter Gerhard Schröder tat er viel, um dem Agenda-Kanzler den Rücken freizuhalten. Vor elf Jahren war der Sauerländer ein Wegbereiter der damaligen ersten Großkoalition unter Angela Merkel. Und Müntefering war einer, der dafür sorgte, dass die politische Zweckehe vier Jahre lang hielt.

Unvergessen der gemeinsame Auftritt von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück, die im Oktober 2008 den verunsicherten Sparern erklärten, ihre Einlagen seien trotz Bankenkrise sicher. Große Koalitionen sollten die Ausnahme in einer funktionierenden Demokratie sein. Mit großer parlamentarischer Mehrheit ausgestattet, sollen sie besonders große Aufgaben meistern. Eigentlich. Doch dass, was die Drei von der Zankstelle derzeit in der Flüchtlingspolitik veranstalten, ist ein unwürdiges Hin und Her. Ein Hühnerhaufen ist eine geordnete Formation dagegen. Die Risse sind vor dem heutigen Spitzentreffen der Koalitionäre im Kanzleramt immer tiefer geworden. Vor allem CSU-Chef Horst Seehofer ist mit seinen ständigen Drohungen und Ultimaten drauf und dran, diese Koalition und die Regierung Merkel gegen die Wand fahren zu lassen. Aber will er das wirklich? Auch dem bayerischen Löwen sollte doch klar sein, dass der Dauerclinch der großen Koalition in der Flüchtlingspolitik nur den Rechtspopulisten der AfD, aber auch den Hardlinern in Ungarn, Polen oder Dänemark nutzt. Und sollte sich ganz Rechts von der Union wirklich eine Partei etablieren, könnte die große Koalition zur Regel werden. Wenn man den beiden geschrumpften Volksparteien überhaupt noch das Adjektiv groß zusprechen darf. Dass ein Parteichef, der mit am Tisch der Koalitionsspitzen sitzt, mit dem Gang nach Karlsruhe droht, wenn die Kanzlerin ihren Kurs nicht flugs ändere, ist zwar nicht ganz neu.

Auch die mitregierende FDP zog einst nach Karlsruhe, um klären zu lassen, ob deutsche Soldaten an Bord von Nato-Aufklärungsflugzeugen über Krisengebieten Dienst tun dürfen. Doch im Fall Seehofer kontra Merkel liegen die Dinge anders. Hier geht es nicht um ein politisches Detail, sondern um eine Grundfrage der Regierungspolitik. Es geht auch um die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin, die jahrzehntelang Grundfeste des Regierungshandelns war. Seehofer untergräbt zumindest die Autorität Merkels, macht sie zu einer Getriebenen. Er schwächt damit auch ihr Gewicht auf europäischem und internationalem Parkett.

Er hintertreibt damit Merkels Politik einer internationalen, einer zumindest europäischen Lösung der Flüchtlings-Krise. Das jetzt in den Details so heftig umstrittene Asylpaket II etwa wurde im Kern bereits vor acht Wochen beschlossen. Doch bisher behaken sich die Koalitionäre darüber, ob und wie umfassend etwa der Familiennachzug für Flüchtlinge begrenzt werden soll. Schnellere Asylverfahren, wie seit Monaten versprochen, lassen ebenfalls noch auf sich warten.

Zumindest macht die Koalition nach den schlimmen Übergriffen in der Silvesternacht in Köln und anderswo Nägel mit Köpfen. Die Abschiebung von straffällig gewordenen Flüchtlingen und Asylbewerbern soll leichter möglich werden. Wenn die Länder sie auch konsequent umsetzen, heißt das freilich. Die große Koalition gibt seit dem Flüchtlingssommer keine gute Figur ab. Sie hat mit einem ständigen Hüh und Hott zur Verunsicherung vieler Menschen beigetragen. Die Zweifel daran, ob Deutschland die Herausforderung durch die Flüchtlinge wird meistern können, sind zuletzt gewachsen. Vielleicht würde Müntefering heute sagen: auch Regieren kann manchmal Mist sein.



Quelle: Mittelbayerische Zeitung