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Eine Frage des Vertrauens - Die Bundeskanzlerin und die Flüchtlingskrise

Wenn es so weiter geht, wird Angela Merkel im Bundestag bald die Vertrauensfrage stellen müssen, um die eigenen Reihen zu disziplinieren. Oder um neu wählen zu lassen. CSU-Chef Horst Seehofer, aber auch viele CDU-Politiker treiben es systematisch dahin. Im Grunde fehlt nur noch ein symbolischer Punkt für eine solche Abstimmung. Das am Donnerstag verabschiedete Gesetzespaket war es nicht, da herrscht großer Konsens. Vielleicht werden es Streitereien um Transitzonen oder den Familiennachzug werden.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Politik.
Foto: European People's Party / Flickr (CC)

Wenn es so weiter geht, wird Angela Merkel im Bundestag bald die Vertrauensfrage stellen müssen, um die eigenen Reihen zu disziplinieren. Oder um neu wählen zu lassen. CSU-Chef Horst Seehofer, aber auch viele CDU-Politiker treiben es systematisch dahin. Im Grunde fehlt nur noch ein symbolischer Punkt für eine solche Abstimmung. Das am Donnerstag verabschiedete Gesetzespaket war es nicht, da herrscht großer Konsens. Vielleicht werden es Streitereien um Transitzonen oder den Familiennachzug werden.

Angela Merkel hat im Bundestag auch gestern Kurs gehalten. Horst Seehofer in München ebenfalls. Und zwar dagegen. Erstens geht es um den lauter werdenden Ruf nach Abschottung. Angela Merkel sagt voller Überzeugung, dass ein Zaun keine zeitgemäße Antwort ist. Verzweifelte finden immer einen Weg - oder einen Schlepper. Und Europa wäre nicht mehr so wie vorher, wenn die Schlagbäume wieder heruntergehen. Zweitens weigert sich die Kanzlerin, die Flüchtlinge, die es bis nach Deutschland geschafft und Schlimmstes erlebt haben, auch noch schlecht zu behandeln, wie ebenfalls zunehmend gefordert wird. Angela Merkel will, so wie die Mehrheit der Deutschen, morgens in den Spiegel schauen können.

Hätte Deutschland es ausgehalten, die Unglücklichen zurückzuschicken, wenn es nur 100 000 gewesen wären? Hätte man die Menschen mit kaltem Blick irgendwo auf dem Balkan oder gar in der Ägäis stranden lassen, manche auch verrecken? Oder in Lager gesteckt? Nein, jeder hätte gesagt: 100 000 das schaffen wir locker. Jetzt, bei fast einer Million, werden die Skrupel geringer. Aber die Grenze der Belastbarkeit ist damit nicht überschritten. Überschritten ist nur die Grenze der Flexibilität der obersten Bundes- und mancher Landesbehörden. Es hat sich im Nahen und Ferneren Osten sowie in Afrika eine Masse von Menschen in Bewegung gesetzt, die zumeist echte Asyl- und Schutzgründe und deshalb nichts zu verlieren haben. Die Balkanflüchtlinge sind da nur ein Randproblem.

Diese Bewegung kann nicht mehr unterwegs gestoppt werden. Gestoppt werden kann diese Fluchtbewegung nur an ihren Ursprungsorten. In Syrien, in der Türkei, in Nordafrika. Mit Hilfen, vielleicht auch mit besserem Grenzschutz. Da will Merkel ansetzen, da will auch die EU ansetzen. Es ist offen, ob das wirken wird und vor allem wann. Allerdings ist Merkels Ansatz diesmal nicht alternativlos. Eine Alternative wäre es, das Asylrecht abzuschaffen. Eine solche Verfassungsänderung würde bedeuten, den Spiegel umzudrehen und nicht mehr hineinzuschauen. So weit sind wir Deutschen zum Glück noch nicht.



Quelle: ots / Lausitzer Rundschau