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EZB und Banken: Kampf ums Überleben

Die deutsche Kreditwirtschaft hat die Politik der EZB seit dem Start der Währungsunion 1999 lange mit viel Wohlwollen begleitet. Im Zuge der Staatsschuldenkrise und der unkonventionellen Euro-Rettungsmaßnahmen sowie insbesondere des zunehmend bizarren Zinsregimes setzte ein schleichender Entfremdungsprozess ein.

Geschrieben von Bernd Wittkowski am . Veröffentlicht in Wirtschaft.
Foto: yeowatzup / Flickr (CC BY 2.0)

Die deutsche Kreditwirtschaft hat die Politik der EZB seit dem Start der Währungsunion 1999 lange mit viel Wohlwollen begleitet. Im Zuge der Staatsschuldenkrise und der unkonventionellen Euro-Rettungsmaßnahmen sowie insbesondere des zunehmend bizarren Zinsregimes setzte ein schleichender Entfremdungsprozess ein.

Heute muss man feststellen: Das Tischtuch ist zerschnitten. Die Kritik, bei der sich die drei Säulen der Branche in ihren Argumenten wie in der Diktion nicht viel nehmen, wird unverhohlen vorgetragen. Mitunter scheint es, als müssten sich Vertreter der Zunft sehr zusammenreißen, um ihr Verdikt über die EZB gerade noch politisch korrekt zu formulieren und nicht allzu hämisch zu werden.

"Ich halte Banken nach wie vor für eine vernünftige Einrichtung", sagt Uwe Fröhlich, der Präsident des Volks- und Raiffeisenbankenverbandes BVR - höchstens halb im Scherz. Denn Zweifel, ob über die Existenzberechtigung des Geldgewerbes in Politik, Notenbank und Aufsichtsinstanzen noch Konsens besteht, sind berechtigt eingedenk der andauernden brutalstmöglichen Regulierungsorgie und einer Geldpolitik, für die das Prädikat "ultralocker" wie der Euphemismus des Jahres wirkt. Die meist durchaus noch vorzeigbaren Ergebnisse von 2015 können ja nicht darüber hinwegtäuschen, dass Banken und Sparkassen spätestens mittelfristig ums Überleben kämpfen, wenn EZB-Präsident Mario Draghi & Co. nicht schleunigst zur Vernunft kommen.

Unter dem politisch zumindest billigend in Kauf genommenen Kosten- und Ertragsdruck als Folge von Regulierung sowie Null- und Negativzinsen haben die Betriebsergebnisse vielfach schon deutlich die Marke von 1% der Bilanzsumme unterschritten, die auf Dauer als erforderlich gilt, um Risiken abwettern, Reserven bilden, Steuern zahlen und, wenn noch etwas übrig bleibt, Dividende ausschütten zu können. Dabei muss man wissen, dass die Branche auf der Risikoseite dank robuster Konjunktur immer noch von paradiesischen Zuständen profitiert. Das wird so nicht bleiben.

Doch der Existenzkampf ist für viele längst schon ein Thema der Gegenwart. Gerade Volks- und Raiffeisenbanken mit ihrem seit Jahrzehnten intakten und krisenbewährten Geschäftsmodell gehen zu Dutzenden unter, weil sie durch Zinspolitik und Regulierung gewaltsam in betriebswirtschaftlich sonst nicht nötige Fusionen getrieben werden. Hier findet eine tiefgreifende Strukturveränderung statt, und die Politik lässt es geschehen. Dass Banken und Sparkassen die EZB in den Senkel stellen, ist nur allzu verständlich.



Quelle: ots/Börsen-Zeitung