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Jenseits des Griechen-Dramas - Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots) - Kein Thema hat das Geschehen am Aktienmarkt zuletzt so stark bewegt wie der Verhandlungsmarathon zwischen Griechenland und den Kreditgebern des Landes.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wirtschaft.
Foto: Luca Galli

Frankfurt (ots) - Kein Thema hat das Geschehen am Aktienmarkt zuletzt so stark bewegt wie der Verhandlungsmarathon zwischen Griechenland und den Kreditgebern des Landes.

In der gerade abgelaufenen Woche ging der Dax auf Erholungskurs, getrieben von der Erwartung, dass es zu einem Kompromiss kommt, der die Kuh zumindest vorübergehend vom Eis bringt, aber auch von Eindeckungen von Marktakteuren, die auf eine ausgeprägte Marktschwäche gewettet hatten. Bei einem Stand von 11.492 Punkten ergab sich zum Schluss ein Wochengewinn von immerhin 4,1%.

Etwas zu sehr in den Hintergrund gerieten dabei die übrigen und zum Teil auch wesentlich gewichtigeren Faktoren für den Aktienmarkt, die ebenfalls Risiken, aber auch Chancen bedeuten. Auch wenn die Prognosen weiter reduziert werden, so zuletzt durch die Citigroup, bleibt es dabei, dass sich die Weltwirtschaft auf Wachstumskurs befindet. Mit Ausnahme Griechenlands gilt dies auch für den Euroraum und insbesondere für Peripheriestaaten wie etwa Spanien.

Gleichzeitig ist die globale Geldpolitik insgesamt weiterhin im Lockerungsmodus, darunter in Japan und insbesondere im Euroraum. Auch in den USA bleibt die Geldpolitik ein stützender Faktor für die Konjunktur. Die Notenbank Fed steht zwar davor, ihren bei null liegenden Leitzins zum ersten Mal seit dem Jahr 2006 anzuheben. Allerdings hat sie klar signalisiert, dass sie dies sehr behutsam und zudem in der Überzeugung tun wird, dass die amerikanische Wirtschaft robust genug ist, um das zu verkraften.

Auf die USA kommt es an

Es kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass Wirtschaft, Finanzmärkte und Geldpolitik der USA für das Wohl und Wehe des Dax und des Euro Stoxx 50 von wesentlich größerer Bedeutung sind als Griechenland. Die geldpolitische Wende in den Vereinigten Staaten bedeutet, dass der Euroraum auch in den kommenden Monaten von einem niedrigeren und vielleicht auch weiter sinkenden Wechselkurs des Euro zum Dollar profitieren wird. Zudem wird die Europäische Zentralbank noch lange den Fuß aufs Gaspedal halten, so dass der Euroraum außerdem weiterhin von günstigen Finanzierungskosten gestützt wird.

Wie so oft bei großen Wenden ist der Schwenk in der amerikanischen Geldpolitik jedoch ein zweischneidiges Schwert. Zwar zeigt die Statistik, dass die Aktienmärkte in der Vergangenheit in der Regel eben nicht stark unter die Räder geraten sind. Warum auch. Schließlich finden Zinserhöhungen der Fed in einem Umfeld statt, in dem die Konjunktur gut läuft und damit auch die Aussichten der Unternehmensgewinne tendenziell gut sind. Allerdings zeigt die Vergangenheit auch, dass sich die Marktteilnehmer zumindest auf eine vorübergehend volatilere Phase einstellen müssen.

Zudem bestehen gewisse Risiken. So wird befürchtet, dass eine Dollar-Aufwertung bzw. ein höheres US-Zinsniveau zu Kapitalabflüssen aus den Schwellenländern führen. Turbulenzen an den Emerging Markets, die außerdem mit dem sinkenden Wachstum Chinas zu kämpfen haben, würden auch an den Finanzmärkten der Industrieländer zu Irritationen führen.

Darüber hinaus gehen von der Dollar-Stärke Belastungen für die Unternehmensgewinnentwicklung in den USA aus. Zwar sind die Vereinigten Staaten weit weniger außenwirtschaftslastig als Europa. Die Belastung tritt aber in einer Phase ein, in der die Margen der amerikanischen Unternehmen ihren Zenit überschreiten. Vor diesem Hintergrund hat die demnächst startende Quartalsberichtssaison in den USA ebenfalls das Potenzial, für Marktirritationen zu sorgen. Potenzielle Risiken gehen auch davon aus, dass die US-Leitzinswende zu sehr umfangreichen Kapitalbewegungen führen wird. Steigende Zinsen am mit Abstand wichtigsten Kapitalmarkt der Welt in Verbindung mit einem weiteren Anstieg der globalen Leitwährung könnten Investoren zu massiven Umdisponierungen veranlassen.

Gleichzeitig sind aber die Sekundärmärkte durch die regulatorische Eigenkapitalbelastung des Eigenhandels der Banken ausgetrocknet worden. Transaktionen müssen in dieser Lage nicht einmal sonderlich groß sein, um deutliche Marktbewegungen auszulösen. Damit besteht ein verstärktes Risiko, dass es erneut zu sogenannten Flash Crashs kommt - nicht weil irgendein besonderes Ereignis eingetreten ist, sondern weil vielleicht ein paar Investoren zu viel auf einmal beschließen, das Risiko ihrer Portfolios zu reduzieren, und Orders in einem Umfang geben, der nicht mehr aufgenommen werden kann.



Quelle: Börsen-Zeitung