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Kartellstrafe für Lkw-Hersteller: Bitteres Lehrgeld

Im Jahr 1997 nahm alles seinen Anfang: In einem gemütlichen Hotel in Brüssel trafen sich führende Manager von Europas größten Lkw-Herstellern und vereinbarten Preisabsprachen und ein koordiniertes Marktvorgehen.

Geschrieben von Andreas Heitker am . Veröffentlicht in Wirtschaft.
MAN TGA Müllwagen
MAN TGA Müllwagen
Foto: Norbert Schnitzler / CC BY-SA 3.0 via Wikimedia

Im Jahr 1997 nahm alles seinen Anfang: In einem gemütlichen Hotel in Brüssel trafen sich führende Manager von Europas größten Lkw-Herstellern und vereinbarten Preisabsprachen und ein koordiniertes Marktvorgehen.

Erst 14 Jahre später endete das Kartell mit einer Selbstanzeige von MAN. Und wiederum fünf Jahre später wird den Konzernen nun - erneut in Brüssel, diesmal in den eher ungemütlichen Büros der EU-Kommission - die Rechnung präsentiert:

knapp 3 Mrd. Euro Geldbußen. Eine solche Ansage hat es seitens der EU-Wettbewerbshüter bisher noch nie gegeben. Und weitere Milliarden an Schadenersatzforderungen werden wohl noch folgen.

Ist die Höhe der Geldbußen angemessen oder überzogen? Darüber kann man sicherlich diskutieren. Allein Daimler muss ja 1 Mrd. Euro auf den Tisch legen. Zu beachten ist aber die Länge des Kartells, die Marktmacht der beteiligten Konzerne, die im Segment der mittelschweren und schweren Lkw in Europa einen Anteil von 90 Prozent auf sich vereinen, und die systematische Aushebelung des Wettbewerbs durch eine Koordinierung der Bruttopreislisten. Untersuchungen zeigen, dass Kunden in Kartellen bis zu 20 Prozent höhere Preise bezahlen - da ist das harte Vorgehen der EU-Wettbewerbsbehörde, die mehr als 300.000 Seiten Beweismaterial gesammelt hat, durchaus nachvollziehbar.

Die Brüsseler Entscheidungen im Lkw-Kartell werden eine abschreckende Wirkung haben. Und das ist auch gut so, denn es ist erstaunlich, bei welchen Unternehmen sich in der zurückliegenden Dekade alleine in Deutschland noch ernste Compliance-Probleme gezeigt haben. Siemens, MAN, Thyssenkrupp, zuletzt VW und jetzt Daimler - es geht um die Crème de la Crème der deutschen Industrie, die mit unsauberen Geschäftspraktiken auffällt und die dafür auch schon viel bitteres Lehrgeld zu zahlen hatte.

Natürlich ist in den vergangenen Jahren schon viel passiert. Neue Manager sind angetreten, die mehr Gespür mitbringen, was geht und was nicht. In den Vorständen wurden neue Compliance-Ressorts geschaffen.

Die Mitarbeiterschulungen sind in den letzten Jahren deutlich ausgebaut worden. Aber wie auch jetzt wieder im Lkw-Kartell zu sehen:

Es geht in den seltensten Fällen um Einzeltäter. Üblicherweise muss vielmehr die ganze Unternehmenskultur auf den Prüfstand gestellt werden. So etwas geht nicht von heute auf morgen. Auch von daher ist es gut, dass Brüssel jetzt den Druck erhöht und ein deutliches Ausrufezeichen gesetzt hat.



Quelle: ots/Börsen-Zeitung