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Gesetzliche Krankenversicherung: Beitragsparität gibt es nicht

Vor der Bundestagswahl plädieren zahlreiche Stimmen dafür, zur Beitragsparität in der Gesetzlichen Krankenversicherung zurückkehren. Doch der Vorschlag streut nur Sand in die Augen der Versicherten, denn paritätisch geht es in der GKV schon lange nicht mehr zu. Daran würde selbst eine „Rückkehr“ nichts ändern.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gesundheit.
Die Gesetzlichen Krankenkassen haben in der Vergangenheit zahlreiche Leistungen gekürzt. Draufzahlen müssen Patienten beispielsweise für einige Untersuchungen beim Augenarzt.
Die Gesetzlichen Krankenkassen haben in der Vergangenheit zahlreiche Leistungen gekürzt. Draufzahlen müssen Patienten beispielsweise für einige Untersuchungen beim Augenarzt.
Foto: skeeze / CC0 via Pixabay

Vor der Bundestagswahl plädieren zahlreiche Stimmen dafür, zur Beitragsparität in der Gesetzlichen Krankenversicherung zurückkehren. Doch der Vorschlag streut nur Sand in die Augen der Versicherten, denn paritätisch geht es in der GKV schon lange nicht mehr zu. Daran würde selbst eine „Rückkehr“ nichts ändern.

Die Forderung nach einer „Rückkehr“ zur paritätischen Beitragsfinanzierung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) suggeriert, dass der Beitrag in der Vergangenheit zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gezahlt wurde. Und tatsächlich zahlten bis zur Einführung des sogenannten Arbeitnehmer-Sonderbeitrags im Jahr 2005 beide Seiten den gleichen Anteil des Beitragssatzes. Dennoch wurden die Ausgaben für die medizinische Versorgung damals keineswegs geteilt. Denn die gesetzlichen Krankenkassen haben in der Vergangenheit immer weniger Leistungen angeboten – zum Beispiel beim Zahnersatz oder den Sehhilfen. Seitdem müssen sich die Versicherten gegen das Kostenrisiko bei Zähnen und Co. privat absichern. Ebenso wurden Zuzahlungen etwa bei der stationären Versorgung eingeführt, die allein die Versicherten zu tragen haben.

Diese Schritte wurden notwendig, weil die überproportional stark steigenden GKV-Ausgaben zu immer höheren Beitragssätzen geführt hätten. Das würde auch die Arbeitgeber belasten. Denn Arbeitnehmer zu beschäftigen, ist nur dann dauerhaft rentabel, wenn sie sämtliche Arbeitskosten erwirtschaften – einschließlich des Arbeitgeberanteils am Sozialversicherungsbeitrag.

Die wirklich großen demografischen Herausforderungen der GKV stehen allerdings noch bevor. In Zukunft müssen die Beitragszahler immer mehr ältere Versicherte versorgen, die meist krankheitsanfälliger sind als die Jungen. Gleichzeitig schwächt ein höherer Altenanteil die Einnahmenseite. Denn Rentner zahlen zwar den gleichen Beitragssatz wie Arbeitnehmer, haben aber ein geringeres Einkommen. Mit einer genauen Teilung des Beitragssatzes wären diese demografischen Probleme schon gar nicht gelöst.

Sollte die Politik den Arbeitnehmerzusatzbeitrag tatsächlich wieder streichen, stehen bald schon neue hitzige Debatten über weitere Leistungskürzungen und Selbstbehalte ins Haus. Schließlich werden die Arbeitgeber, die im internationalen Wettbewerb stehen, diese Mehrkosten nicht einfach so übernehmen können. Ehrlicher wäre es deshalb, den Versicherten gleich reinen Wein einzuschenken: Steigen die GKV-Ausgaben, wird niemand anderes die Zeche für sie bezahlen. Mit dem Zusatzbeitrag, den die Arbeitnehmer zahlen, besteht für sie aber wenigstens die Möglichkeit, durch die Wahl einer günstigen Kasse den Kostenanstieg in Grenzen zu halten und den Wettbewerb zwischen den Kassen anzukurbeln. Dieses Instrument sollte die Politik also nicht unbedacht beerdigen.



Quelle: IW Köln