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Das Grundgesetz ist das wichtigste nationale Symbol

Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, hat das am Donnerstag vor 70 Jahren in Kraft getretene Grundgesetz als wichtigstes nationales Symbol der Bundesrepublik gewürdigt. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der Jurist, "das Grundgesetz verkörpert die Grundwerte unseres Gemeinwesens wie kein anderes Symbol". Zwar hätten auch Fahne und Hymne eine identitätsstiftende Wirkung. Diese trete aber hinter das Grundgesetz als "Besinnung auf gemeinsame Werte wie Demokratie und Meinungsfreiheit" zurück.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Meinung.
Grundgesetzes von 1949, wie es jedes Mitglied des Parlamentarischen Rates erhielt
Grundgesetzes von 1949, wie es jedes Mitglied des Parlamentarischen Rates erhielt
Foto: Andreas Praefcke / Gemeinfrei (via Wikimedia Commons)

Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, hat das am Donnerstag vor 70 Jahren in Kraft getretene Grundgesetz als wichtigstes nationales Symbol der Bundesrepublik gewürdigt. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der Jurist, "das Grundgesetz verkörpert die Grundwerte unseres Gemeinwesens wie kein anderes Symbol". Zwar hätten auch Fahne und Hymne eine identitätsstiftende Wirkung. Diese trete aber hinter das Grundgesetz als "Besinnung auf gemeinsame Werte wie Demokratie und Meinungsfreiheit" zurück.

"Ohne Recht gibt es keine Freiheit", sagte Harbarth. "Das wichtigste Gesetz in Deutschland zur Sicherung der Freiheit ist das Grundgesetz." Es verfüge in der Bevölkerung über eine herausragende Akzeptanz. "Unabhängig von persönlichen Überzeugungen hält der ganz überwältigende Teil der Menschen das Grundgesetz für den geeigneten Ordnungsrahmen für Deutschland", sagte Harbarth, der im kommenden Jahr Andreas Voßkuhle als Präsident des Bundesverfassungsgerichts nachfolgen soll.

Der Jurist erinnerte an den Begriff des "Verfassungspatriotismus", den der Heidelberger Politikwissenschaftler Dolf Sternberger geprägt habe. Für ihn habe das Grundgesetz "großen Anteil daran, dass wir heute in der Bundesrepublik Deutschland in Frieden, Freiheit und Wohlstand leben können". Das am 23. Mai 1949 in Kraft getretene Grundgesetz habe darüber hinaus wesentlich zur Wiedervereinigung Deutschlands und seiner Integration in die europäische Staatengemeinschaft beigetragen.

Der Vizepräsident des Verfassungsgerichts warnte aus Anlass des Jahrestages allerdings davor, das Grundgesetz weiterhin so umfassend zu erweitern wie in der Vergangenheit. Zwar seien auch künftig Änderungen nötig, um auf neue Entwicklungen zu reagieren. "Es sollte jedoch zuvor hinterfragt werden, ob diese neuen Entwicklungen nicht bereits von den vorhandenen Regelungen erfasst werden", gab Harbarth zu bedenken. Sollte der Umfang des Grundgesetzes unverändert zunehmen, wäre dies "sehr problematisch".

Befristung von Gesetzen kann sinnvoll sein

Harbarth warnt vor einem überbordenden Streben nach gesetzlichen Regelungen für jeden Einzelfall. Der Jurist sagte, in bestimmten Bereichen seien die Gesetze sehr stark ausdifferenziert. Am Ende könne nicht mehr, sondern weniger Gerechtigkeit stehen: "Wenn eine Rechtsordnung so kompliziert wird, dass die Anwendung des Rechts letztlich von der Qualität professioneller Berater abhängt, ist dies mit den Vorstellungen von Gerechtigkeit nur schwer in Einklang zu bringen." Die Klarheit der Rechtsordnung und ihre Verständlichkeit litten.

"Das redliche Bemühen um Einzelfallgerechtigkeit stößt deshalb schnell an Grenzen", sagte Harbarth und nannte als Beispiel das Steuerrecht. Der Verfassungsrichter betonte ferner, dass er die Frage für "sicher nicht naiv" halte, ob es nicht an der Zeit wäre, statt fortlaufend neue Gesetze zu beschließen auch mal welche aufzuheben. Als positives Beispiel nannte Harbarth das vereinzelt angewendete Verfahren, Gesetze nur befristet zu erlassen: "Damit wird der Gesetzgeber immer wieder gezwungen, die Notwendigkeit der Regelung zu hinterfragen."



Quelle: ots/Neue Osnabrücker Zeitung