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Erik Marquardt über Flüchtlingspolitik in Corona-Zeiten

Der Europaabgeordnete Erik Marquardt (Grüne) kritisiert die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung scharf. In der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" warnte er vor einem Ausbruch der Corona-Epidemie in dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Unter den Augen der europäischen Öffentlichkeit sei dort ein riesiger Slum entstanden. "Das sind natürlich ideale Bedingungen für eine Ausbreitung von Infektionskrankheiten." So Marquardt, der sich in den letzten Wochen auf Lesbos aufhielt und das Camp besichtigte. Man wisse zwar seit Monaten von der Gefahr, habe aber immer noch nicht gehandelt. "Vor Ort sehen wir mehr Probleme als Lösungen", mahnt Marquardt, der dem Parteirat der Grünen angehört. Es gebe zwar bisher keine Coronafälle auf Lesbos, die Insel werde aber letztlich nicht verschont bleiben. "Die Zeit läuft gegen uns", so Marquart. In und um das Camp Moria auf Lesbos leben mehr als 20.000 Menschen. Es gibt dort kaum eine funktionierende Gesundheitsversorgung.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Meinung.
Europaabgeordnete Erik Marquardt (Grüne)
Europaabgeordnete Erik Marquardt (Grüne)
Foto: GUE/NGL - F70A8497 / CC BY-SA 2.0 (via Wikimedia Commons)

Der Europaabgeordnete Erik Marquardt (Grüne) kritisiert die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung scharf. In der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" warnte er vor einem Ausbruch der Corona-Epidemie in dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Unter den Augen der europäischen Öffentlichkeit sei dort ein riesiger Slum entstanden. "Das sind natürlich ideale Bedingungen für eine Ausbreitung von Infektionskrankheiten." So Marquardt, der sich in den letzten Wochen auf Lesbos aufhielt und das Camp besichtigte. Man wisse zwar seit Monaten von der Gefahr, habe aber immer noch nicht gehandelt. "Vor Ort sehen wir mehr Probleme als Lösungen", mahnt Marquardt, der dem Parteirat der Grünen angehört. Es gebe zwar bisher keine Coronafälle auf Lesbos, die Insel werde aber letztlich nicht verschont bleiben. "Die Zeit läuft gegen uns", so Marquart. In und um das Camp Moria auf Lesbos leben mehr als 20.000 Menschen. Es gibt dort kaum eine funktionierende Gesundheitsversorgung.

Marquart kritisiert auch den Umgang der Bundesregierung mit zivilen Seenotrettern. Das deutsche Innenministerium schrieb jüngst einen Brief an verschiedene Nichtregierungsorganisation, mit der Bitte, die Rettungen in der Coronakrise einzustellen. In dem Schreiben, das "nd" veröffentlichte, heißt es: "Angesichts der aktuellen schwierigen Lage appellieren wir an Sie, derzeit keine Fahrten aufzunehmen und bereits in See gegangene Schiffe zurückzurufen." Marquardt nennt den Brief eine "Frechheit", die eigentlich "eine Welle der Empörung auslösen müsste". Hilfsorganisationen seien von den Corona-Maßnahmen üblicherweise ausgenommen. "Wie fern von irgendeiner demokratischen Haltung ist es denn", kritisiert der Europaparlamentarier, "wenn man Seenotretter, die Menschen vor dem Ertrinken retten, darum bittet, ihre Arbeit einzustellen?" Horst Seehofer, dessen Ministerium den Brief verfasst hat, solle "mal bei den Menschen auf den Flüchtlingsbooten anrufen und ihnen vermitteln, dass sie nun leider ertrinken müssen, weil sie sonst wegen Corona in eine schwierige Situation kommen könnten", so Marquardt.

Hintergrund des Briefes war wohl ein Ersuchen der italienischen Innenministerin Luciana Lamorgese. Sie hatte sich an Bundesinnenminister Seehofer mit dem Hinweis gewandt, das unter deutscher Flagge fahrende Schiff "Alan Kurdi" der Nichtregierungsorganisation Sea-Eye habe seine Rettungsaktivitäten im zentralen Mittelmeer wieder aufgenommen. Die italienische Regierung wies darauf hin, dass Italien wegen des Coronavirus vor einem Gesundheitsnotstand stehe und daher keine Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer gewährleisten könne. Die "Alan Kurdi" legte trotzdem ab - und rettete 183 Menschen. "Eigentlich müsste das Bundesinnenministerium und Horst Seehofer zu jedem Einzelnen, der in Seenot war, hingehen und sagen: Es tut mir leid, dass dieser Brief geschrieben wurde", so Marquardt.

Quelle: ots/neues deutschland