Gemeinsames Erinnern tut not
Zwei Jahre lang fanden Erinnern und Gedenken am Tag der Befreiung vom Faschismus nur im kleinen Rahmen statt. Coronabedingt. Auch dieses Jahr wird es am 8. Mai keine großen Veranstaltungen und Kundgebungen geben.
Zwei Jahre lang fanden Erinnern und Gedenken am Tag der Befreiung vom Faschismus nur im kleinen Rahmen statt. Coronabedingt. Auch dieses Jahr wird es am 8. Mai keine großen Veranstaltungen und Kundgebungen geben.
Mehrere Organisationen sagten ab. Nicht wegen der Pandemie, sondern ob des Krieges gegen die Ukraine. Befürchtet werden Proteste und gewaltsame Ausschreitungen.
Ist das rechtens? Soll man vor allem in Deutschland, in dem Land, das den Zweiten Weltkrieg entfesselt, unermessliches Leid über die Völker Europas gebracht und über 50 Millionen Tote verschuldet hat, auf Erinnern und Gedenken verzichten? Weil die weltpolitische Lage dem abhold sei?
Nein. Und gewiss werden es sich viele Menschen nicht nehmen lassen, die Gräber der alliierten Soldaten aufzusuchen, die Friedhöfe und Ehrenhaine, die Stätten einstigen nazistischen Terrors, des Schreckens und des Sterbens, des Widerstandes und des Überlebens.
Einsames, stilles Erinnern und Gedenken? An einem Tag, an dem man gemeinsam die Toten und die Überlebenden ehren und mahnen möchte. Und, ja, auch feiern - den Tag, an dem 1945 die deutsch-faschistische Wehrmachtsgeneralität in Berlin-Karlshorst die Kapitulationsurkunde unterzeichnen musste. An dem ganz Europa aufatmete. An dem sich auch die Deutschen hätten befreit fühlen müssen, in ihrer Mehrheit es aber noch nicht taten. Gemeinsam Dank sagen allen Befreiern, gleich welche Uniform sie trugen, danken den Résistancekämpfern in Frankreich und Italien, den Partisanen in Griechenland, Jugoslawien, Russland, Belarus und in der Ukraine, den wenigen Deutschen, die der Nazi-Bestie die Stirn boten und ermordet wurden ... Wider den Streit der Parteien oder Nationen sollten wir an diesem Sonntag überall Präsenz zeigen.