In Kellern und auf Dächern
Berlins Handwerkskammer-Präsidentin Carola Zarth hat völlig recht. Die Energiewende wird in Berlin und in Deutschland scheitern, wenn es nicht schnell gelingt, mehr Menschen zu begeistern, selbst Hand anzulegen.
Berlins Handwerkskammer-Präsidentin Carola Zarth hat völlig recht. Die Energiewende wird in Berlin und in Deutschland scheitern, wenn es nicht schnell gelingt, mehr Menschen zu begeistern, selbst Hand anzulegen.
Ohne Fachkräfte, die Solarzellen auf Dächer schrauben, alte Heizungen austauschen, Hausfassaden dämmen oder Wärmepumpen installieren, kann man sich alle Bekenntnisse zur Kohlendioxid-Reduktion im entscheidenden Gebäudesektor sparen. Durch forsche Forderungen, doch noch schneller aus den fossilen Energien auszusteigen, ist noch kein Kubikmeter Erdgas eingespart.
An diesem Befund ändert auch die wegen der russischen Aggression gegen die Ukraine ausgerufene Beschleunigung der Energiewende nichts. Im Gegenteil, der zusätzliche Druck macht die Mangellage noch deutlicher. Spezialisierte Betriebe können sich kaum retten vor Kunden, die explodierenden Energiepreisen mit Photovoltaik-Anlagen oder Erdwärme begegnen möchten. Gleichzeitig ist in Berlin die Zahl der Heizungsbau-Betriebe sogar gesunken. Andere klimarelevante Gewerke verzeichnen bestenfalls eine Stagnation der Anbieterzahlen. Hunderte Lehrstellen in diesen zukunftsträchtigen Berufen werden auch dieses Jahr unbesetzt bleiben.
Nun ist es sehr schwierig, individuelle Lebensentscheidungen Tausender junger Menschen zu verändern, sie weg von den überfüllten Universitäten ins aufnahmebereite Handwerk zu lenken. Ein Freiwilliges Klimarettungsjahr, wie Zarth vorschlägt, könnte tatsächlich helfen, den Horizont zu erweitern und einen Beruf im klimarelevanten Handwerk wenigstens in Erwägung zu ziehen. In Politik und Gesellschaft muss jedenfalls mehr passieren als bunte Imagekampagnen. Sonst gibt es keine Energiewende, weil niemand sie an den vielen Tausend dafür relevanten Stellen auch tatsächlich umsetzt.