Partei der Verunsicherten - Die CDU sucht nach einem neuen Kurs
Im Moment richten sich viele Augen auf die SPD. In den Umfragen befinden sich die Genossen weiter im Sinkflug, und an den Führungsqualitäten von Parteichef Sigmar Gabriel wird heftig gezweifelt. Doch die Sozialdemokraten sind nicht die Einzigen, mit denen es bergab geht.
Im Moment richten sich viele Augen auf die SPD. In den Umfragen befinden sich die Genossen weiter im Sinkflug, und an den Führungsqualitäten von Parteichef Sigmar Gabriel wird heftig gezweifelt. Doch die Sozialdemokraten sind nicht die Einzigen, mit denen es bergab geht.
Laut Demoskopen sind auch die Werte der Union auf Talfahrt - für eine Partei, die den Machterhalt über alles stellt und insbesondere daran ihr Führungspersonal misst, ist das eine inakzeptable Entwicklung. Die Nervosität wächst. In der Vergangenheit hatte es den Anschein, als ob die Basis einigermaßen mit dem Atomausstieg, der Abschaffung der Wehrpflicht, einer neuen Familienpolitik oder dem Mindestlohn leben könnte. Es meldeten sich lediglich die üblichen, konservativen Verdächtigen zu Wort, um den Kurs der Vorsitzenden Angela Merkel zu kritisieren. Doch jetzt, wo die Union im März bei zwei wichtigen Landtagswahlen ein Debakel erlebt hat, wo die Kanzlerin wegen ihrer Flüchtlingspolitik nicht mehr unangreifbar ist und am rechten Rand mit der AfD eine neue Kraft entstanden ist, macht sich große Verunsicherung breit. Der Schock sitzt tief. Immer noch. Die Rufe nach einer politischen Kurskorrektur werden lauter. Die am Montag ausgegebene Marschroute der CDU-Führung klingt jedoch eher nach einem "Weiter so". Doch das ist der falsche Weg. Eine Volkspartei der Mitte bleibt man nicht durch Verlautbarung.
Vor allem nicht dann, wenn die Mitte immer kleiner wird. Ein Teil der bürgerlichen Klientel ist abgewandert, weil sie in der Union keine politische Heimat mehr gesehen hat. Zu lange hat die CDU diese Entwicklung ignoriert und hat sich vor allem mit der Konkurrenz am rechten Rand nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Sie hat die AfD verteufelt oder ausgegrenzt, statt ihr mit guten Argumenten zu begegnen. Das hat die Rechtspopulisten nur attraktiver und die CDU zugleich unattraktiver gemacht. Außerdem hat die Merkel-Partei zu oft die Nase gerümpft, wenn ihre eigenen Wähler danach gefragt haben, wofür die Union eigentlich noch steht. So kappt man Bindungen. Der Erfolg der AfD sollte der Union deshalb bewusst machen, dass es ohne Markenkerne nicht geht. Da hilft übrigens auch der Blick zur SPD - die Genossen haben einst im Umgang mit der Linkspartei ähnliche schwere Fehler begangen. Sie haben ihre Kernkompetenzen der Linken überlassen und finden sich im 20-Prozent-Keller wieder. Wie einbetoniert. Sollte nun also der Erfolg der AfD anhalten, könnte der Union ähnliches passieren. Jedenfalls, wenn sie sich nicht offensiv auf das besinnt, was sie immer stark gemacht hat: die Wahrung von wirtschaftlicher Stabilität, Rechtsstaatlichkeit oder innerer Sicherheit. Nur so kann man den eigenen Ansprüchen wieder gerecht werden - gerade dann, wenn die Zugkraft der Kanzlerin so deutlich nachlässt wie das im Moment der Fall ist.