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Pflichten und Chancen in dieser gewaltigen Krise

Langsam setzt es sich. Kommt es in den Köpfen an. Alle lernen. Täglich, stündlich, minütlich. Die Politik, die Bürger, die Virologen, andere Fachleute. Neue Erkenntnisse bedingen neue Anforderungen an uns. Neue Zahlen und Erfahrungen anderer, die uns in der Infektions-Entwicklung negativ voraus sind, bedingen neue Handlungen von uns.

Geschrieben von Olaf Kupfer am . Veröffentlicht in Meinung.
Foto: Philippe Leone

Langsam setzt es sich. Kommt es in den Köpfen an. Alle lernen. Täglich, stündlich, minütlich. Die Politik, die Bürger, die Virologen, andere Fachleute. Neue Erkenntnisse bedingen neue Anforderungen an uns. Neue Zahlen und Erfahrungen anderer, die uns in der Infektions-Entwicklung negativ voraus sind, bedingen neue Handlungen von uns.

Die Corona-Krise ist längst eine gewaltige Herausforderung für uns alle: Wir begegnen einer Gefahr, in der unser System neu geordnet wird. Werden muss. In dem wir runterfahren müssen. Mit fast allem, was uns gewohnt geworden ist. Auch dann, wenn wir selbst uns noch nicht einmal entfernt betroffen fühlen.

Das ist die Kunst in diesen Tagen, die uns allen abverlangt wird: Die Zukunft als Entwicklung der Infektionszahlen im Blick zu haben und im Jetzt unser Handeln daran auszurichten. Nur so ist zu schaffen, was seit Tagen, ja Wochen von den Wissenschaftlern in die Welt gerufen wird: Die Kurve der Infektionszahlen möglichst flach zu halten. Das heißt: Die Ansteckungen über einen möglichst langen Zeitraum zu verteilen und also zu strecken, damit unser Gesundheitssystem mit Ansturm und Erfordernissen selbst auf dem Höhepunkt umgehen kann. Und nicht unter den Fallzahlen zusammenbricht. Das Stichwort heißt: Flatten the curve (Glätten Sie die Kurve!). Genau das ist unsere Verpflichtung. Ausreden gibt es nicht mehr. Die Vernunft muss dominieren, Exotik hat Pause. Keine Corona-Partys, keine Mutproben, keine Experimente. Runterfahren, Geduld haben. Und auf die Fachleute hören.

Dann ist auch die Chance da, uns in der Krise neu kennenzulernen. Auch wenn die Menschen sich dieser Tage ferner sein müssen, als sie es für gewöhnlich sind, können sie sich näher kommen, als sie es je waren. Durch Solidarität, Miteinander, Absprachen. Mit Verbindlich- und Verlässlichkeit. Alle zusammen gegen einen Feind - das ist so viel weniger heterogen als unsere so zerfaserte Gesellschaft, dass es funktionieren kann: Wo wir zuletzt in hunderten Leitartikeln von einer neuen Kälte im Miteinander, von Wut und Hass im Internet oder der Verrohung des gesellschaftlichen und politischen Diskurses geschrieben haben und doch ratlos schienen, wie das Rad zurückzudrehen oder zu stoppen sei, eröffnet jetzt diese Krise eine Chance. Mit Menschen, die anderen helfen. Für sie einkaufen, Dinge regeln. Mit Eltern, die sich organisieren, um ihre Kinder zu hüten, die nicht mehr in Kitas und Schulen gehen. Mit herzlichen Nachrichten an Familienmitglieder oder Freunde, die man gerade besser nicht mehr besucht. Und so viel mehr Solidarität. Dann wird es haften bleiben für die Zeit nach dieser Krise. Garantiert.

Quelle: ots/Westdeutsche Zeitung