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Tönnies kritisiert Corona-"Generalverdacht" gegen Fleischbranche

Die Ankündigung der NRW-Landesregierung, angesichts eines Corona-Ausbruchs in der Belegschaft des Westfleisch-Schlachthofes in Coesfeld Kontrollen von Arbeiter-Unterkünften und Tests sämtlicher Mitarbeiter aller Schlachtbetriebe landesweit durchzuführen, stößt bei Deutschlands größtem Fleischkonzern Tönnies auf Kritik. "Ich wundere mich darüber, dass unsere Branche hier unter Generalverdacht gestellt wird. Zumal die Politik uns zu Beginn der Corona-Krise signalisiert hat: Ihr seid systemrelevant und müsst eure Produktion aufrecht erhalten", sagte Konzernlenker Clemens Tönnies am Freitag dem in Bielefeld erscheinenen Westfalen-Blatt.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Meinung.
Clemens Tönnies
Clemens Tönnies
Foto: Susanne Freitag / CC BY-SA 3.0 (via Wikimedia Commons)

Die Ankündigung der NRW-Landesregierung, angesichts eines Corona-Ausbruchs in der Belegschaft des Westfleisch-Schlachthofes in Coesfeld Kontrollen von Arbeiter-Unterkünften und Tests sämtlicher Mitarbeiter aller Schlachtbetriebe landesweit durchzuführen, stößt bei Deutschlands größtem Fleischkonzern Tönnies auf Kritik. "Ich wundere mich darüber, dass unsere Branche hier unter Generalverdacht gestellt wird. Zumal die Politik uns zu Beginn der Corona-Krise signalisiert hat: Ihr seid systemrelevant und müsst eure Produktion aufrecht erhalten", sagte Konzernlenker Clemens Tönnies am Freitag dem in Bielefeld erscheinenen Westfalen-Blatt.

Für das Unternehmen bedeute das Corona-Tests alleine bei 6500 Beschäftigten am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück (Kreis Gütersloh). Etwa die Hälfte davon sind ausländische Werkvertragsarbeiter. "Wir sind offen dafür, die Tests durchzuführen, wenn wir damit eine Risikominimierung erreichen. Dann ist das in Ordnung", erklärt Tönnies. Dabei gelte aber auch: "Der Kreis Gütersloh ist angesichts insgesamt niedriger Corona-Zahlen überhaupt kein so genannter Hot-Spot."

Tönnies verweist zudem darauf, frühzeitig "ein ganz hohes Maß an Vorsorge getroffen" zu haben. "Jetzt so zu tun, als wenn das Risiko bei den Schlachthöfen liegt, das halte ich für unredlich. Gleichwohl tun wir weiterhin alles, um die Gesundheit unserer Mitarbeiter und den Versorgungsauftrag aufrecht zu erhalten."

Unter den weltweit 16.500 Beschäftigten des Tönnies-Konzerns habe es seit März vier bestätigte Corona-Fälle gegeben: "Zwei davon waren Rückreisende aus Tirol, zwei aus der Produktion an Außenstandorten. Wir haben sie und die Kontaktpersonen sofort isoliert."

Der Konzern teste seine Mitarbeiter derzeit im eigenen Labor auf Antikörper. "Wir suchen quasi nach der berühmten Dunkelziffer, um zu sehen, haben unsere Maßnahmen gegriffen", sagt Tönnies.

Anders als bei den Wettbewerbern Westfleisch im Kreis Coesfeld oder Vion in Schleswig-Holstein gebe es bei Tönnies keine großen Sammelunterkünfte für Arbeiter. "Der Großteil unserer Mitarbeiter wohnt in Drei- oder Vierzimmerwohnungen, verteilt auf Stadt und Umland. Großunterkünfte wie Kasernen oder ehemalige Jugendherbergen gibt es bei uns nicht", erklärt Tönnies.

Eine kurzfristige Einzelunterbringung der Arbeiter hält der Konzernchef für schwierig umzusetzen. "Das ist mit der heißen Nadel gestrickt. Was mache ich zum Beispiel mit Ehepartnern, Pärchen oder Geschwistern. Die kann ich doch jetzt nicht zwangstrennen. Da sind wir im Dialog mit den Behörden."

Derweil spürt der Fleischkonzern auch geschäftliche Auswirkungen der Corona-Krise. "Die Pandemie hat das Ernährungsverhalten erheblich verändert, das hat schon durchgeschlagen", sagt Clemens Tönnies dem Westfalen-Blatt. "Die Gastronomie und der Kantinenbereich sind komplett eingebrochen, dagegen konnten wir über den Lebensmittelhandel etwas kompensieren. Da auch der Export weitergeht, sind wir noch im Plan."

Quelle: ots/Westfalen-Blatt