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Giftmülltourismus - Wohin mit gefährlichen Bohrschlämmen?

Die Erdöl- und Erdgasindustrie in Deutschland steht vor einem gewaltigen Entsorgungsproblem: Nach Recherchen von NDR und WDR fielen in den vergangenen zehn Jahren allein bei der Sanierung von drei sogenannten Bohrschlammgruben in Niedersachsen rund 720.000 Tonnen Giftmüll an.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Umwelt.
Foto: US Navy / Public Domain (via Wikimedia Commons)

Die Erdöl- und Erdgasindustrie in Deutschland steht vor einem gewaltigen Entsorgungsproblem: Nach Recherchen von NDR und WDR fielen in den vergangenen zehn Jahren allein bei der Sanierung von drei sogenannten Bohrschlammgruben in Niedersachsen rund 720.000 Tonnen Giftmüll an.

Da Niedersachsen seit 2005 über keine geeigneten Deponien verfügt, wurden die Schlämme in andere Bundesländer gebracht. Ungefähr die Hälfte (335.000 Tonnen) wurde von der Firma REMONDIS nach NRW auf die Sonderabfalldeponie Hürth-Knapsack in der Nähe von Köln gebracht. Weitere 260.000 Tonnen gingen nach Rheinland-Pfalz. In 40 weiteren von den Behörden erfassten Gruben befinden sich noch einmal fast zwei Millionen Kubikmeter giftiger Bohrschlämme.

Allein der Transport dieser Mengen birgt erhebliche Sicherheitsrisiken. Nach Recherchen von NDR und WDR wurden bei ähnlichen Sanierungsvorhaben teils ungeeignete Fahrzeuge eingesetzt, wodurch es zu gefährlichen Zwischenfällen kam. Eine an den Transporten beteiligte Fahrerin berichtet von einer mutmaßlichen Quecksilbervergiftung, die sie sich bei der regelmäßigen Reinigung der Fahrzeuge zugezogen habe.

Die Bohrrückstände stammen aus mehreren Jahrzehnten, in denen die Schlämme ohne besondere Sicherung direkt an den Bohrplätzen vergraben wurden. Bohrschlämme gelten heute als "gefährlicher Sonderabfall". Die ölhaltigen Rückstände sind oft mit Schwermetallen wie Quecksilber und Arsen sowie radioaktiven Partikeln wie Radium 226 belastet. Die "wilden" Alt-Deponien drohen nun Böden und Grundwasser zu kontaminieren.

Ende vergangenen Jahres einigten sich die Industrie und das niedersächsische Umweltministerium auf ein umfassendes Programm, mit dem Standorte und Sanierungsbedarf der alten Bohrschlammgruben erfasst werden sollen.

Allein in Niedersachsen gibt es nach Angaben des Umweltministeriums mindestens 519 sogenannte Verdachtsflächen. In ganz Deutschland werden nach Recherchen von NDR und WDR mehr als 1400 Bohrschlammgruben vermutet. Außer Niedersachsen sind auch die Bundesländer Brandenburg (400 Gruben), Mecklenburg-Vorpommern (345) und Bayern (170) betroffen.

Mehr dazu in der Sendung "Markt" am Montag, 7. März, um 20.15 Uhr im NDR Fernsehen. Informationen zur Sendung unter www.NDR.de/markt



Quelle: NDR