Skip to main content
Wörter | Min. Lesezeit |

Der Jungfrauenwahn

Im Internet werden mit Kunstblut gefüllte Jungfernhäutchen aus Plastik angeboten. Regisseurin und Autorin Güner Balci geht der Frage nach, wie hoch der Druck auf junge Frauen sein muss, die ein solches Produkt nutzen.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Medien.
Güner Yasemin Balci
Güner Yasemin Balci
Foto: obs/ZDF/Yoliswa von Dallwitz

Im Internet werden mit Kunstblut gefüllte Jungfernhäutchen aus Plastik angeboten. Regisseurin und Autorin Güner Balci geht der Frage nach, wie hoch der Druck auf junge Frauen sein muss, die ein solches Produkt nutzen.

Noch immer halten viele auch in Deutschland lebende Muslime daran fest, dass eine Frau jungfräulich in die Ehe zu gehen habe. Nach wie vor sind Auslegungen des Islams verbreitet, in denen die weibliche Sexualität verteufelt wird. Doch in welches Dilemma geraten damit junge Muslime, die in einer freien Gesellschaft aufgewachsen sind? Autorin und Regisseurin Güner Yasemin Balci geht am Montag, 29. Februar 2016, 23.45 Uhr, in ihrem Dokumentarfilm "Der Jungfrauenwahn" für das ZDF/Das kleine Fernsehspiel anhand von vier persönlichen Porträts der Frage nach, warum es für Muslime so schwer ist, frei zu sein. Dabei lässt sie die Anwältin Seyran Ates, die Femen-Aktivistin Zana Ramadani, den Psychologen Ahmad Mansour und die Studentin Arife Yalniz zu Wort kommen.

Ohne Zwänge selbstbestimmt zu leben, ist für zahlreiche junge Muslime nicht immer selbstverständlich, da die Kultur der elterlichen Herkunftsländer den Familienalltag prägt. Setzen sie sich über diese hinweg, müssen sie im Extremfall mit einem familiären Bruch, manchmal sogar mit massiver Gewalt rechnen.

Die türkischstämmige Anwältin Seyran Ates setzt sich seit Jahrzehnten für das selbstbestimmte Leben von muslimischen Frauen ein. Sie erhielt Morddrohungen, wurde lebensgefährlich verletzt, ließ sich aber von ihrem Weg nicht abbringen. Für ihren Mut und ihr Engagement wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Als Zana Ramadani statt mit Anfang 20 mit einem muslimischen Albaner verheiratet zu sein einen deutschen Freund hatte, mussten beide vor Zanas Familie fliehen. Unter anderem diese Erfahrung führte dazu, dass sie begann, sich bei Femen für Frauenrechte zu engagieren. Der Psychologe Ahmed Mansour wuchs mit den patriarchalischen Wertevorstellungen seiner Eltern auf. Er war als Jugendlicher der Überzeugung, dass ein Mädchen das zu tun habe, was der Mann sagt, und dass sie bei der Hochzeit noch Jungfrau sein müsse. Er habe mehr als ein Jahrzehnt benötigt, bis er diese Denkweise abstreifen konnte, sagt Mansour. Heute hilft er mit eigenen Projekten muslimischen Jugendlichen aus den Mustern patriarchalen Denkens und Verhaltens auszubrechen.

Balci ist als Tochter türkischer Einwanderer in Berlin-Neukölln aufgewachsen. Es hat sie schon früh beschäftigt, warum es immer wieder ihre muslimischen Nachbarn sind, die ihren Kindern das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben verwehren. Und: welchen Preis die junge Generation zahlen muss, um sich zu befreien.

ZDFkultur wiederholt den Dokumentarfilm am Freitag, 4. März 2016, 20.15 Uhr.



Quelle: ots/ZDF