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Umweltbundesamt: Bundesregierung ignoriert Krankheitslast durch Autoabgase

Mainz (ots) - Das bundeseigene Umweltbundesamt wirft der Regierung schwere Versäumnisse im Kampf gegen schädliche Diesel-Abgase vor. Diese habe seit langem gewusst, "dass das, was auf der Straße passiert, nicht mit dem übereinstimmt, was im Testbetrieb passiert", so Andreas Gies, Abteilungsleiter im Umweltbundesamt, im Interview mit "Report Mainz". Diesel-Abgase, insbesondere Stickstoffdioxid, könnten vor allem Atemwegserkrankungen wie Asthma oder Lungenkrebs begünstigen.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Medien.
Foto: Paulina101 / pixabay (CC)

Mainz (ots) - Das bundeseigene Umweltbundesamt wirft der Regierung schwere Versäumnisse im Kampf gegen schädliche Diesel-Abgase vor. Diese habe seit langem gewusst, "dass das, was auf der Straße passiert, nicht mit dem übereinstimmt, was im Testbetrieb passiert", so Andreas Gies, Abteilungsleiter im Umweltbundesamt, im Interview mit "Report Mainz". Diesel-Abgase, insbesondere Stickstoffdioxid, könnten vor allem Atemwegserkrankungen wie Asthma oder Lungenkrebs begünstigen.

"Ich glaube, wir sind im Moment dabei als Bundesregierung, eine Krankheitslast durch den Verkehr zu tolerieren. Ich denke, dass wir uns klar sein müssen, dass wir eine Erhöhung der Sterblichkeit tolerieren. Es ist hier eine größere Krankheitslast toleriert worden, als es möglich gewesen wäre, wenn man nachgesetzt hätte in dem Moment, wo man die Diskrepanzen zwischen Realität und Testbetrieb erkannt hätte", so Andreas Gies.

Diese Diskrepanzen beim Abgasausstoß sind der Bundesregierung schon seit längerem bekannt. In der schriftlichen Antwort auf eine Anfrage von "Report Mainz" räumt die Bundesregierung ein, dass sie seit 2010 Kenntnis von den Abweichungen zwischen den Laborwerten und Messungen auf der Straße gehabt habe. Diese seien jedoch "noch kein Beleg für Manipulationen". Zudem setzten sich Bund und Länder für eine "schnellstmöglich wirksame Begrenzung der Emissionen aus Diesel-Kfz ein." Die EU-Kommission wirft der Bundesregierung jedoch in einem vertraulichen Schreiben vom Juni diesen Jahres vor, "keine geeigneten Maßnahmen" getroffen zu haben, um die schädlichen Stickstoffdioxid-Emissionen schnellstmöglich zu begrenzen.

Der Geschäftsführer der nichtstaatlichen Umweltschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte im Interview mit "Report Mainz": "Die Automobilhersteller, die solche Diesel-Fahrzeuge in Deutschland verkaufen, sind genauso verantwortlich für den Tod von wirklich Tausenden von Menschen jedes Jahr, wie eine Bundesregierung, die das weiß und nicht einschreitet."

In Deutschland wurden im vergangenen Jahr an 60 Prozent aller verkehrsnahen Messstationen die gesetzlichen Grenzwerte für Stickstoffdioxid-Belastung überschritten. Diese hohe Belastung geht laut Umweltbundesamt vor allem auf Diesel-Pkw zurück. Forscher des britischen King´s College haben vor kurzem eine Studie zu den Gesundheitsgefahren unter anderem von Stickstoffdioxid veröffentlicht. Auf Grundlage von Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation schätzen sie, dass Stickstoffdioxid allein in London pro Jahr mehrere tausend Menschen tötet. Das Umweltbundesamt hält diese Studie für qualitativ gut und bestätigt die Gesundheitsgefahr von Stickstoffdioxid.

"Report Mainz" am 6. Oktober 2015 um 21.45 Uhr im Ersten



Quelle: SWR - Das Erste / Report Mainz