Bundesregierung setzt in Corona-Krise auf Gerichtsverhandlungen per Video
Die Bundesregierung erwartet wegen der Folgen der Corona-Epidemie deutlich mehr Rechtsstreitigkeiten vor Arbeits- und Sozialgerichten. Diese Gerichte sollen deshalb - befristet bis zum Jahresende - die Möglichkeit erhalten, häufiger Verhandlungen per Videokonferenz zu führen. Das geht aus einem Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums hervor, der der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) vorliegt.
Die Bundesregierung erwartet wegen der Folgen der Corona-Epidemie deutlich mehr Rechtsstreitigkeiten vor Arbeits- und Sozialgerichten. Diese Gerichte sollen deshalb - befristet bis zum Jahresende - die Möglichkeit erhalten, häufiger Verhandlungen per Videokonferenz zu führen. Das geht aus einem Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums hervor, der der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) vorliegt.
Darin heißt es, die ehrenamtlichen Richter könnten "bei Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach Paragraf 5 des Infektionsschutzgesetzes einer mündlichen Verhandlung von einem anderen Ort aus beiwohnen". Und weiter: "Die Verhandlung wird zeitgleich in Bild und Ton auch an diesen Ort übertragen. Gleiches gilt für die Beratung und Abstimmung."
Zur Begründung führt das Ministerium an, dass in den Gerichten aufgrund des Infektionsschutzes zurzeit nur ein Notbetrieb eingerichtet sei. Zugleich werden aber aufgrund der sich verschlechternden Lage auf dem Arbeitsmarkt mehr Kündigungsschutzklagen erwartet. Mit Blick auf die Sozialgerichte verweist das Ministerium auf die neuen Regelungen für einen erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung, insbesondere zu den Leistungen der Grundsicherung. Deshalb sei damit zu rechnen, "dass auf die Sozialgerichtsbarkeit zusätzliche Rechtsstreitigkeiten in erheblichem Umfang zukommen".
Der Deutsche Richterbund (DRB) hat Bedenken: "Der Gesetzentwurf bewegt sich auf einem schmalen Grat, weil er die Grundsätze der Mündlichkeit und der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen einschränkt", so DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn gegenüber der NOZ. Es sei wichtig, dass die Sonderregelungen befristet bis zum Jahresende gelten sollten. "Als Ausnahmen während der Corona-Pandemie sind vereinfachte Online-Verhandlungen und schriftliche Erledigungen vertretbar, um den Arbeits- und Sozialgerichten mehr Flexibilität für einen zügigen Rechtsschutz zu geben."
Laut Rebehn werden mündliche Verhandlungen im Gericht aber auch in den nächsten Monaten der Regelfall bleiben. "Viele Gerichte stellen sich jetzt darauf ein, ihren Betrieb mit strikten Abstands- und Hygieneregeln schrittweise wieder hochzufahren." Ein Ausweichen auf Videoverfahren könnte zudem vielfach daran scheitern, dass den Gerichten die erforderliche technische Ausstattung fehlt, so der DRB-Geschäftsführer weiter. Er betonte: "Die Justiz braucht einen Schub bei der Digitalisierung, das lehrt die Corona-Krise."