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Mondlandung: Auf dem Sprung

Beinahe könnte man Verständnis aufbringen für die Spinner, die das Ganze für einen Riesenschwindel halten: Die erste Mondlandung vor 50 Jahren war aus heutiger Sicht ein unglaubliches Unternehmen.

Geschrieben von Frank Schmidt-Wyk am . Veröffentlicht in Wissenschaft.
Foto: NASA-Imagery / CC0 (via Pixabay)

Beinahe könnte man Verständnis aufbringen für die Spinner, die das Ganze für einen Riesenschwindel halten: Die erste Mondlandung vor 50 Jahren war aus heutiger Sicht ein unglaubliches Unternehmen.

Niemand brachte die Einzigartigkeit des Apollo-Programms treffender zum Ausdruck als der Kommandant von Apollo 17, der am 14. Dezember 1972 als bislang letzter Astronaut auf dem Mond die Luken dicht machte. In seinen Erinnerungen schrieb Gene Cernan: "Präsident Kennedy griff weit ins 21. Jahrhundert hinein, holte sich dort ein Jahrzehnt heraus und fügte es säuberlich in die 1960er- und 1970er-Jahre ein."

In der Tat hat der Mensch seit 1972 den Erdorbit nicht mehr verlassen. Das mag unter anderem daran liegen, dass existenzielle Probleme am Boden seine volle Aufmerksamkeit beanspruchen. Dabei waren es die Apollo-Astronauten, die der Menschheit die einzigartige Kostbarkeit ihres Heimatplaneten vor Augen führten - mit den ersten Bildern der blauen Weltmurmel im endlosen Schwarz des Alls. Zudem erstickte die brutale ökonomische Logik des Computerzeitalters manches ehrgeizige Unternehmen schon im Keim. Auch das rapide abnehmende Interesse der Bevölkerung war nicht gerade förderlich für die Raumfahrt.

Fraglich, ob sich das geändert hat: Fiele die Rückkehr zum Mond im Sommer 2024 mit dem EM-Finale zusammen, würde laut einer aktuellen Umfrage nur eine knappe Mehrheit der Deutschen lieber die Mondlandung im Fernsehen gucken als Fußball. Trotzdem setzt die Menschheit erneut zum Sprung an. Das wird kein Klacks. Doch es lohnt sich, das Wagnis einzugehen. Nicht wegen der wirtschaftlichen, strategischen, technischen und wissenschaftlichen Interessen hinter den Projekten. In diesen Zeiten, in denen für die USA der Bau einer Mauer zu Mexiko wichtiger zu sein scheint als der Bau von Raumschiffen, liegt der tiefere Nutzen woanders: Nichts schweißt die Menschen so fest zusammen, wie die Raumfahrt. Das zeigte sich schon beim Apollo-Programm, das zwar eine Geburt des Kalten Krieges war, letztendlich aber zur Verständigung zwischen Amerikanern und Sowjets beitrug.

Neil Armstrong und Buzz Aldrin versäumten nicht, der tödlich verunglückten Kosmonauten zu gedenken, nachdem sie als erste Menschen den Mond betreten hatten. Und nach ihrer glücklichen Rückkehr zählten die sowjetischen Kollegen zu den ersten Gratulanten. Sechs Jahre später kam es in der Erdumlaufbahn zum ersten Rendezvous zwischen einer Apollo- und einer Sojus-Kapsel. Fraglich ist nur, ob der Aspekt der Völkerverständigung auch in einer womöglich durchkommerzialisierten Raumfahrt der Zukunft noch eine Rolle spielen wird.



Quelle: ots/Allgemeine Zeitung Mainz