Kramp-Karrenbauer läuft sich warm fürs Kanzleramt
Annegret Kramp-Karrenbauer räumt kräftig mit Vorurteilen auf. Den Vorurteilen über sie selbst vor allem. Vor und nach ihrer knappen Wahl zur neuen CDU-Chefin galt sie vielen als Merkel 2.0, als eine Art Fortsetzung der Kanzlerin. Doch offenbar hat die Saarländerin begriffen, dass sie als bloße Merkel-Kopie nicht erfolgreich sein kann. Weder als Vorsitzende der CDU, in der viele von Merkels liberaler Flüchtlingspolitik abgeschreckt sind und damit über Kreuz liegen.
Annegret Kramp-Karrenbauer räumt kräftig mit Vorurteilen auf. Den Vorurteilen über sie selbst vor allem. Vor und nach ihrer knappen Wahl zur neuen CDU-Chefin galt sie vielen als Merkel 2.0, als eine Art Fortsetzung der Kanzlerin. Doch offenbar hat die Saarländerin begriffen, dass sie als bloße Merkel-Kopie nicht erfolgreich sein kann. Weder als Vorsitzende der CDU, in der viele von Merkels liberaler Flüchtlingspolitik abgeschreckt sind und damit über Kreuz liegen.
Noch wird AKK das Kanzleramt erreichen, wenn sie nicht die enttäuschten Konservativen hinter sich bekommt. Dass sich die Saarländerin Kramp-Karrenbauer nun aber ausgerechnet die Europa-Politik als Feld zur Profilierung vornimmt, ist nicht ohne Pikanterie. Denn die mächtigste Frau Europas - und das ist Angela Merkel immer noch - ist in der EU-Politik in den vergangenen Jahren vieles schuldig geblieben. Nicht dass Merkel ihre Rolle als europäische Krisenmanagerin vernachlässigt hätte, nein, das ganz und gar nicht. Doch bei der Zukunft der Europäischen Union, den Visionen für den alten Kontinent blieb Merkel erstaunlich schwach. Sie überließ dieses Feld ganz und gar dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Und dessen Vorschläge für die Reform der schwerfälligen, ineffizienten, aber dennoch notwendigen EU hat Merkel entweder nur dünnlippig kommentiert oder völlig ignoriert. Eine Stütze für Macron war Merkel jedenfalls nicht, sondern eher ein Bremsklotz.
Kramp-Karrenbauer will die Berliner Sprachlosigkeit zur Zukunft der EU überwinden. Und das ist ein richtiger Schritt. Während die Welt aus den Fugen zu geraten scheint, während Klimaschutz, Menschenrechte, Migration, Schutz vor Terror und Krieg immer größere Herausforderungen stellen, hadert Europa mit sich selbst. Dabei kommt es doch gerade jetzt auf eine souveräne und selbstbewusste Europäische Union an. Es bedarf eines Gegengewichts zu Donald Trumps unberechenbarer America-first-Politik, zur aggressiven Politik Pekings und Moskaus. Zumindest bedarf es eines Europas, das stark ist und auf Augenhöhe mit den anderen globalen Kraftzentren verhandeln kann.
Kramp-Karrenbauer hatte es nach ihrer Wahl im Dezember nicht leicht, als "Nur-CDU-Vorsitzende" politische Duftmarken zu setzen und Themen zu bestimmen. Ihr Werkstattgespräch zur Flüchtlings- und Integrationspolitik ist weitgehend folgenlos verrauscht. Aber offenbar will sie nicht nur mit - fragwürdigen - Auftritten im Karneval, etwa über pinkelnde Männer auf Unisex-Toiletten, Schlagzeilen machen, sondern auch mit einer eigenen politischen Agenda. Da läuft sich eine Konservative warm fürs Kanzleramt, die vor nicht allzu langer Zeit kaum als besonders wertkonservativ wahrgenommen wurde.
Dass auf der anderen Seite der Koalitionspartner SPD Sperrfeuer gegen eine mögliche Kanzlerin AKK schießt, ist indes nicht besonders klug. Die SPD in ihrem jetzigen Zustand wird die GroKo nicht verlassen, selbst wenn Kramp-Karrenbauer ins Kanzleramt einziehen sollte. Und außerdem fiele es den Nahles, Scholz und Co. in diesem Fall leichter, eigenes Profil zu entwickeln. AKKs Reformvorschläge für die EU sind freilich noch nicht der große Wurf, sondern eher ein Aufguss altbekannter Forderungen, wenn es etwa um das Schließen von Steuerschlupflöchern, eine gemeinsame Asylpolitik und den Schutz der Grenzen des Schengen-Raums geht. Einem eigenen Haushalt für die Euro-Zonenländer, Macrons Prestigeprojekt, erteilt AKK dagegen ebenso eine Absage wie einem EU-weiten Mindestlohn. Obendreien serviert die Saarländerin Paris unverdauliche Kost. Dass etwa Straßburg den Sitz des EU-Parlaments verlieren soll, ist für Frankreich nicht akzeptabel.