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Fehlinvestment

Wenn ein Staat innovative Unternehmen unterstützen will, kann er die Fördertöpfe vergrößern, er kann steuerlich entlasten und regulatorisch ein Umfeld schaffen, das guten neuen Ideen keine Grenzen setzt. Beteiligen muss er sich nicht an solchen Hoffnungsträgern - auch nicht, wenn es helfen könnte, eine Pandemie zu bekämpfen.

Geschrieben von Sabine Wadewitz am . Veröffentlicht in Themen.
Der Einstieg bei Curevac lässt sich nicht mit einer Notsituation begründen.
Der Einstieg bei Curevac lässt sich nicht mit einer Notsituation begründen.
Foto: Patrick Büttgen / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Wenn ein Staat innovative Unternehmen unterstützen will, kann er die Fördertöpfe vergrößern, er kann steuerlich entlasten und regulatorisch ein Umfeld schaffen, das guten neuen Ideen keine Grenzen setzt. Beteiligen muss er sich nicht an solchen Hoffnungsträgern - auch nicht, wenn es helfen könnte, eine Pandemie zu bekämpfen.

Mit der Entscheidung, 300 Mill. Euro in die Hand zu nehmen, um sich am Tübinger Biotechunternehmen Curevac einzukaufen, greift sich die Bundesregierung wahllos eine Firma heraus, die wie viele andere daran arbeitet, rasch einen Impfstoff gegen Covid-19 zu entwickeln. Da sich bislang kein Durchbruch einer Technologie abzeichnet, muss es verwundern, weshalb der Bund gerade auf Curevac setzt und mit dem Geld kein Programm stützt, das allen Corona-Jägern zugute käme.

Den Forschern werden seit geraumer Zeit zurecht in großem Umfang aus verschiedenen staatlichen und privaten Töpfen Mittel angeboten, um rasch Therapien gegen die Pandemie zu finden. Viele gehen ein großes Risiko ein, wenn sie ihre Kapazitäten nun mit hoher Intensität auf Corona ausrichten und dabei andere Projekte vernachlässigen müssen.

Zudem ist die Pharmabranche gefordert, schon jetzt die Herstellung großer Mengen an Produktkandidaten zu gewährleisten, auch wenn ein großer Teil der Anlagen später nicht gebraucht wird, weil die erhoffte Wirkung in klinischen Studien nicht nachgewiesen wurde. Auch dafür ist breiter und nicht vereinzelter staatlicher Einsatz notwendig - am besten global koordiniert, weil keiner darauf setzen kann, dass es ein heimisches Unternehmen ist, das ins Schwarze trifft.

Der Einstieg bei Curevac lässt sich nicht mit einer Notsituation begründen, wie etwa das Engagement der KfW am Netzbetreiber 50 Hertz, wo der Bund die Übernahme eines wichtige Infrastrukturanbieters durch Chinesen vereiteln wollte. Curevac war zwar in den Schlagzeilen, weil angeblich die USA die Firma entweder kaufen oder sich den möglichen Impfstoff exklusiv sichern wollten. Das wurde vom Management indes als fake news zurückgewiesen.

Ob Curevac tatsächlich "systemrelevant" wird, ist höchst ungewiss, denn leider kommt in der Pharma nur ein Bruchteil der Projekte ins Ziel. Bislang ist noch kein Impfstoff im Markt, der auf der von Curevac und anderen eingesetzten Gentechnologie basiert. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer, lässt sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier selbstkritisch vernehmen. Vermutlich ist er auch nicht der bessere Investor.

Quelle: ots/Börsen-Zeitung