Medizinisch-ethische Leitlinien sind unerlässlich
Es ist in Deutschland - noch - unvorstellbar, dass Ärzte vor der Entscheidung stehen könnten, welchen Patienten sie intensivmedizinisch versorgen und welchen nicht, weil es an Ressourcen fehlt. Die letzten Wochen und Tage lehren uns aber, dass sich unser Vorstellungsvermögen erweitern muss. Es mag psychologisch nachvollziehbar sein, solche Gedanken aus reinem Selbstschutz nicht zuzulassen. Schneller als uns lieb war, haben wir aber die Erfahrung gemacht, dass die zuvor vielen unbekannte chinesische Provinz Wuhan nicht weit genug entfernt ist, um uns vor dem Coronavirus zu verschonen; dass drastische Einschränkungen von Grundrechten, unseres sozialen Lebens, angesichts einer Pandemie in Deutschland genau so möglich sind, wie in China, Italien, Spanien oder Frankreich.
Es ist in Deutschland - noch - unvorstellbar, dass Ärzte vor der Entscheidung stehen könnten, welchen Patienten sie intensivmedizinisch versorgen und welchen nicht, weil es an Ressourcen fehlt. Die letzten Wochen und Tage lehren uns aber, dass sich unser Vorstellungsvermögen erweitern muss. Es mag psychologisch nachvollziehbar sein, solche Gedanken aus reinem Selbstschutz nicht zuzulassen. Schneller als uns lieb war, haben wir aber die Erfahrung gemacht, dass die zuvor vielen unbekannte chinesische Provinz Wuhan nicht weit genug entfernt ist, um uns vor dem Coronavirus zu verschonen; dass drastische Einschränkungen von Grundrechten, unseres sozialen Lebens, angesichts einer Pandemie in Deutschland genau so möglich sind, wie in China, Italien, Spanien oder Frankreich.
Mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit, Angst und Empörung blicken wir nun nach Italien, wo Ärzte seit Tagen angesichts knapper Intensivbetten und Beatmungsgeräte über schwer erkrankten Covid-19-Patienten den Daumen heben oder senken müssen und Entscheidungen gegen eine Behandlung vor allem alte Menschen trifft. Auch aus Kliniken im Elsass gibt es entsprechende Berichte. Ja, das deutsche Gesundheitssystem gilt weltweit als vorbildlich. Wir sind besser aufgestellt als andere, auch europäische Länder, in denen Patienten längst daran gewöhnt sind, sehr lange auf eine Behandlung oder medizinisch notwendige Eingriffe warten zu müssen. Oder in denen am Ende der Geldbeutel darüber entscheidet, wie und ob sie eine schwere Erkrankung überleben.
Deutschland hatte aber auch das Glück, im Kampf gegen das Virus mehr Vorlauf zu haben als andere Länder, und hier wurden die richtigen Weichen gestellt. Zahlreiche Kliniken halten nun freie Intensivbetten und Beatmungsgeräte vor, haben Krisenpläne, damit ausreichend Personal vorhanden ist. Die drastische Einschränkung sozialer Kontakte zur Verlangsamung der Ausbreitung kam gerade noch rechtzeitig. Und doch müssen wir uns darauf einstellen, dass die Zahl der schwer Erkrankten so schnell steigen könnte, dass auch unser Gesundheitssystem überfordert wird. Die medizinisch-ethischen Empfehlungen zur Patientenversorgung angesichts knapper Ressourcen sind deshalb unerlässlich. Dass in den deutschen Leitlinien das Alter kein Auswahlkriterium ist und bei der Behandlung von Schwerkranken nicht zwischen Corona- und anderen Patienten unterschieden wird, ist beruhigend. Auch wenn sie im Eiltempo erarbeitet werden mussten und im Detail noch Anpassungen und Diskussionen erfolgen dürften, geben die Empfehlungen den Patienten und dem medizinischen Personal ein Stück Sicherheit, beugen im Extremfall hoffentlich Willkür und Kopflosigkeit vor. Dennoch gilt: Alle Empfehlungen und Leitlinien dieser Welt können den Ärzten die schwerste aller Entscheidungen, diese Bürde, am Ende nicht abnehmen. Es ist auch für Profis, zu deren Alltag Leid und weitreichende Entscheidungen gehören, eine fast unmenschliche Aufgabe. Sollte es in Deutschland zu einer solchen Ausnahmesituation kommen, haben die Mediziner unser aller Vertrauen und Respekt verdient.