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Raus mit den Leichen im Keller!

Den Weg zu den Leichen im Keller des Verkehrsministeriums muss man sich hart erarbeiten. So stellten es hochrangige Prüfer aus dem Bundesrechnungshof dar, als sie vergangenen Donnerstag als Zeugen vor den Untersuchungsausschuss zur Maut-Affäre geladen waren - und tatsächlich war von "Leichen im Keller" die Rede.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Themen.
Andreas Scheuer
Andreas Scheuer
Foto: INSM / CC BY-ND 2.0 (via Flickr)

Den Weg zu den Leichen im Keller des Verkehrsministeriums muss man sich hart erarbeiten. So stellten es hochrangige Prüfer aus dem Bundesrechnungshof dar, als sie vergangenen Donnerstag als Zeugen vor den Untersuchungsausschuss zur Maut-Affäre geladen waren - und tatsächlich war von "Leichen im Keller" die Rede.

Die Finanzprüfer kritisieren, dass das Haus von Minister Andreas Scheuer die Zusammenarbeit behindert habe und den Zugang zu relevanten Informationen nur zögerlich gewährt habe. Noch schwerer wiegt der Vorwurf der mangelnden Risikobewertung. Aus Sicht des Rechnungshofes hat das Ministerium das drohende Scheitern der Maut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einfach ignoriert. Bei einem milliardenschweren Projekt wie der Maut, bei dem Risiken stetig überwacht werden müssen, ist das ein unverzeihlicher Fehler. Nach und nach kommen immer mehr düstere Details ans Licht, die den Verkehrsminister schwer belasten. Für Scheuer wird die Luft immer dünner.

Ein Blick zurück: Kurz nach dem EuGH-Urteil im Juni 2019, das dem CSU-Prestigeprojekt mit dem selbstgewählten Titel "Ausländermaut" ein jähes Ende setzte, hatte Scheuer noch groß getönt. "Maximale Transparenz" werde bei der Aufklärung herrschen, versprach er. Und jetzt? Gut siebeneinhalb Monate später steckt Scheuer im Dickicht vieler Widersprüche fest. Von Transparenz kann keine Rede mehr sein. Ist der Minister also noch zu halten? Diese Frage treibt zu Recht viele Menschen um. Und es kursieren verschiedene Versionen.

Die SPD, Koalitionspartner von Scheuers Partei, übt sich in Zurückhaltung und hat ihre eigene Strategie gefunden, um eine klare Antwort zu umschiffen. Es ist die "Wenn-dann-Strategie": Wenn Scheuer geltendes Recht gebrochen habe, dann müsse er gehen. Und wenn der Minister das Parlament belogen habe, dann auch. Beides ist nach Darstellung der SPD noch nicht restlos aufgeklärt. Deswegen halten die Sozialdemokraten die Füße still und überlassen Scheuers Schicksal der Union. Ganz anders die Opposition. Schon im August 2019 hat sich Grünen-Co-Fraktionschef Anton Hofreiter mit der ersten Rücktrittsforderung aus der Deckung gewagt. Seitdem erhöhen Oppositionspolitiker stetig den Druck: mit Strafanzeigen oder Petitionen gegen Scheuer (von der Linken) und weiteren Rücktrittsforderungen. Sie teilen die Einschätzung des Rechnungshofes, dass Scheuer gegen Vergabe- und Haushaltsrecht verstoßen habe. Für sie stellt sich die Frage, ob der Minister noch zu halten ist, längst nicht mehr. Sie fragen: Warum ist Scheuer nicht schon weg?

Besonders interessant ist die Position der Union. Haben bislang noch die Solidaritätsbekundungen für Scheuer überwogen, bröckelt auch in der eigenen Partei zusehends der Rückhalt. Dem CSU-Chef und Rundum-Modernisierer Markus Söder sind die miserablen Umfragewerte seines Ministers ein Dorn im Auge. Er fürchtet, dass Scheuers schlechtes Ansehen auf die ganze Partei abfärbt. Allerdings wird Söder im Alleingang wenig ausrichten. Er braucht den Segen der CDU-Chefin und der Kanzlerin. Allerdings kursiert in Berlin die Sorge, dass Scheuers Austausch neue Unruhe in die Koalition bringen könnte. Und so hält man den Ball vorerst lieber flach und merkelt die Causa Scheuer einfach weg.

Der U-Ausschuss zur Maut ist ein politisches Verfahren, kein juristisches. Trotz Zeugenanhörung und Beweisaufnahme wird am Ende kein richterliches Urteil stehen, sondern die Positionierung der beteiligten Fraktionen. Doch auch in diesem politischen Prozess sollte die Wahrheitsfindung das oberste Ziel sein. Es braucht mehr Transparenz. Denn wer will schon einen Minister mit Leichen im Keller?



Quelle: ots/Mittelbayerische Zeitung