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Alt-Diesel-Problem: Mit Geduld oder Gewalt

Man hätte meinen sollen, spätestens, nachdem das Bundesverwaltungsgericht vor anderthalb Jahren den rechtlichen Weg für Fahrverbote frei gemacht hatte, verschwänden die alten Dieselfahrzeuge mit Vollgas zumindest von den Straßen der Problemstädte. Doch wer in der Politik glaubte, mit viel Geklapper aus Drohkulisse einserseits und Umtauschprämie andererseits schon einen ausreichenden Effekt zu erzielen, die Luft in den Städten reiner zu machen, sich die Umwelthilfe und allen rechtlichen Zwist vom Hals schaffen zu können, der muss jetzt enttäuscht sein.

Geschrieben von Juliane Kinast am . Veröffentlicht in Umwelt.
Foto: Wolfgang Eckert / CC0 (via Pixabay)

Man hätte meinen sollen, spätestens, nachdem das Bundesverwaltungsgericht vor anderthalb Jahren den rechtlichen Weg für Fahrverbote frei gemacht hatte, verschwänden die alten Dieselfahrzeuge mit Vollgas zumindest von den Straßen der Problemstädte. Doch wer in der Politik glaubte, mit viel Geklapper aus Drohkulisse einserseits und Umtauschprämie andererseits schon einen ausreichenden Effekt zu erzielen, die Luft in den Städten reiner zu machen, sich die Umwelthilfe und allen rechtlichen Zwist vom Hals schaffen zu können, der muss jetzt enttäuscht sein.

Was man offensichtlich geschafft hat, ist, den Deutschen den Diesel generell ein bisschen madig zu machen. Lagen Benziner und Diesel vor fünf Jahren bei den Neuzulassungen in Deutschland noch fast gleichauf, klafft zwischen ihnen jetzt eine Lücke von mehr als einer Million. Das ist deutlich. Einem Düsseldorfer Kollegen ging neulich das alte Dieselauto kaputt - statt das teuer reparieren zu lassen, nutzte er die Gelegenheit und stieg um auf einen Benziner. Denn wer könne schon wissen, ob die Politik nicht in ein, zwei Jahren auf den Trichter kommt, dass auch Euro 6-Diesel durchaus in beachtlichem Ausmaß Stickoxid in die Luft blasen? Sicher ist sicher.

Ganz anders hat es eine Kölner Bekannte gemacht, die mitten in der potenziellen Fahrverbotszone lebt, sich in der vergangenen Woche aber einen gebrauchten Euro 4-Diesel zulegte. Sie spekuliert voll und ganz darauf, dass es beim politischen Klappern bleibt - und wenn man derzeit in der Region Düsseldorf, Köln, Wuppertal ein günstiges Auto zum Kauf sucht, landet man nun einmal rasch beim Diesel. Die Drohung, jene älteren Fahrzeuge womöglich auszusperren, hat derart auf deren Marktwert gedrückt, dass es ihnen beim geldbewussten Käufer einen Wettbewerbsvorteil verschafft hat.

So spekuliert die Kölnerin darauf, dass das Verbot nie kommt und sie letztlich mit einem Schnäppchen da steht. Und so halten es ganz offensichtlich viele Autofahrer. In Düsseldorf fahren laut Kraftfahrt-Bundesamt noch immer 55 433 Euro 1- bis Euro 5-Diesel, in Wuppertal 35 012. Das ist nicht wenig. Aber: Die Zahl sinkt kontinuierlich und durchaus nennenswert: In Düsseldorf gab es etwa vor zwei Jahren noch über 80 000 dieser Dieselfahrzeuge, in Wuppertal 39 000, vor fünf Jahren mehr als 105 000 beziehungsweise fast 42 000. Für die Entscheider bedeutet das: Entweder setzt man mit etwas Geduld darauf, dass die Zeit das Problem erledigt, oder man macht Nägel mit Köpfen und sperrt die Alt-Diesel tatsächlich aus. Dann einmal durchatmen - und schauen, ob das in den Innenstädten wirklich besser geht.



Quelle: ots/Westdeutsche Zeitung