Ab heute, dem 1. Juli 2016, gilt die Selbstverpflichtung des Handels, Plastiktüten nicht mehr gratis herauszugeben, sondern gegen einen geringen Aufpreis. Ziel ist es, den Verbrauch von Plastiktüten deutlich zu reduzieren. Die Maßnahme zeigt zwei Dinge: Zum einen, dass auch ohne kostspielige, staatliche Regulierung Maßnahmen zum Umweltschutz umgesetzt werden können. Zum anderen, dass kleine Maßnahmen große Wirkung haben können, wenn sie auf Verhaltensautomatismen der Menschen – sogenannte Habits – zielen. Genau diese können den langfristigen Erfolg der Maßnahmen aber auch gefährden.
Ab heute, dem 1. Juli 2016, gilt die Selbstverpflichtung des Handels, Plastiktüten nicht mehr gratis herauszugeben, sondern gegen einen geringen Aufpreis. Ziel ist es, den Verbrauch von Plastiktüten deutlich zu reduzieren. Die Maßnahme zeigt zwei Dinge: Zum einen, dass auch ohne kostspielige, staatliche Regulierung Maßnahmen zum Umweltschutz umgesetzt werden können. Zum anderen, dass kleine Maßnahmen große Wirkung haben können, wenn sie auf Verhaltensautomatismen der Menschen – sogenannte Habits – zielen. Genau diese können den langfristigen Erfolg der Maßnahmen aber auch gefährden.
Die Vereinbarung des Bundesumweltministeriums und des Handelsverbands besagt, dass innerhalb von zwei Jahren 80 Prozent der Kunststofftüten im Einzelhandel kostenpflichtig werden sollen (HDE, 2016). Damit soll das Ziel einer EU-Richtlinie unterstützt werden, die vorsieht, den Pro-Kopf-Verbrauch von Kunststofftüten deutlich zu reduzieren. Dass eine Bepreisung der Tüten anstelle der Gratisabgabe ein geeignetes Mittel dazu ist, zeigen zahlreiche Beispiele in anderen Ländern. In Irland führte die Einführung einer Tütensteuer direkt nach der Einführung zu 90 Prozent geringerem Verbrauch (Convery et al., 2007).
Dadurch ist Irland auch eines der EU-Länder mit einem geringen Pro-Kopf-Verbrauch (siehe Abbildung). Auch andere Länder, in denen Plastiktüten größtenteils kostenpflichtig sind, wie Dänemark oder Finnland, weisen einen geringen Verbrauch aus. Insbesondere Einwegtüten werden dort seltener genutzt. In Deutschland liegt der Verbrauch mit 71 Tüten pro Person im unteren Bereich der verglichenen Länder. Allerdings ist eine genaue Berechnung des Verbrauchs aufgrund fehlender Informationen – insbesondere in den osteuropäischen Ländern – nicht möglich.
Für Deutschland dürfte der Tütenverbrauch ab jetzt noch geringer werden, wenn neben den vielen Supermärkten, die schon länger Tragetaschen bepreisen, auch der Einzelhandel – zum Beispiel Bekleidungsgeschäfte – für Tüten einen Preis verlangt. Der zugrundeliegende Mechanismus liegt aber nicht in der Preissensitivität der Menschen, sondern vielmehr an Verhaltensautomatismen. Studien zeigen, dass die Preissensitivität – also die Veränderung der Nachfrage aufgrund von Preissteigerungen – bei einem niedrigen Preis wie dem der Plastiktüten häufig gering ist (Dikgang et al., 2011). Das bedeutet, dass der Preis von 10 bis 20 Cent, den viele Händler jetzt für eine Tüte verlangen, den Konsumenten per se nicht zu teuer ist. Vielmehr können die Menschen die plötzliche Preiseinführung als einen Verlust im Vergleich zur vorherigen Situation interpretieren und deshalb vom Gebrauch der Tüte absehen. Für etwas zu bezahlen, was es sonst umsonst gab, ist vergleichbar mit einer Situation, in der einem ein Besitz weggenommen wird. Die Gratistüte ist der Referenzpunkt, an den die Konsumenten gewöhnt sind. Durch den Preis überprüfen die Konsumenten dann ihren tatsächlichen Bedarf. Gleichzeitig wird mit der bewussten Nachfrage, ob eine Tüte benötigt wird, die Aufmerksamkeit des Konsumenten geweckt, sodass dieser überhaupt über die Tüte nachdenkt und gegebenenfalls auch die Umweltfaktoren in seine Entscheidung miteinbezieht.
Genau diese Effekte könnten die Wirkung der Maßnahme aber langfristig wieder gefährden, wenn sie nicht gleichzeitig zu einem anderen Bewusstsein der Konsumenten führt. Beispiele aus Ländern, in denen die Einführung stattfand – u.a. Südafrika und Irland – zeigen, dass nach einer kurzfristigen drastischen Minderung der Nachfrage langfristig wieder mehr Menschen zur Plastiktüte griffen (Dikgang et al, NAW, 2008). Auch das können verhaltensökonomische Effekte erklären: