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Windenergiebranche: Bewährungsprobe

Am Ende eines Jahres, in dem über Klimaschutz wohl so viel diskutiert wurde wie nie zuvor, produzieren Windkraftanlagenbauer mit Sitz, Geschäft oder maßgeblichen Gesellschaftern in Deutschland reihenweise Schlagzeilen: Senvion ist insolvent und wird zerschlagen, Nordex könnte bald komplett unter dem Dach des spanischen Großaktionärs Acciona stehen, Siemens Gamesa streicht 600 Stellen, Enercon gar 3000. Die Ursachen für die Miseren liegen in der Umstellung von staatlicher Förderung auf Auktionsverfahren, die sich weltweit in vielen Märkten etabliert haben, in Problemen mit der Wettbewerbsfähigkeit, aber auch in einem seit 2018 fast kollabierten deutschen Kernmarkt.

Geschrieben von Carsten Steevens am . Veröffentlicht in Umwelt.
Foto: S. Hermann & F. Richter / CC0 (via Pixabay)

Am Ende eines Jahres, in dem über Klimaschutz wohl so viel diskutiert wurde wie nie zuvor, produzieren Windkraftanlagenbauer mit Sitz, Geschäft oder maßgeblichen Gesellschaftern in Deutschland reihenweise Schlagzeilen: Senvion ist insolvent und wird zerschlagen, Nordex könnte bald komplett unter dem Dach des spanischen Großaktionärs Acciona stehen, Siemens Gamesa streicht 600 Stellen, Enercon gar 3000. Die Ursachen für die Miseren liegen in der Umstellung von staatlicher Förderung auf Auktionsverfahren, die sich weltweit in vielen Märkten etabliert haben, in Problemen mit der Wettbewerbsfähigkeit, aber auch in einem seit 2018 fast kollabierten deutschen Kernmarkt.

Deutschland galt einst als größter Markt für Windkraftanlagen in Europa. Inzwischen erreichen die Zubauzahlen die niedrigsten Werte seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000. Zugleich werden weltweit 2019 und in den Folgejahren in einem großenteils subventionsfreien Umfeld Neuinstallationen in Rekordhöhe erwartet - bei scharfem Wettbewerb und geringeren Margen als in der Vergangenheit. Befindet sich die deutsche Windbranche vor diesem Hintergrund auf dem gleichen Weg wie vor rund einer Dekade die Solarindustrie?

Für die Politik in Deutschland, die das Ziel verfolgt, dass 65 Prozent des Strombedarfs bis 2030 aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden sollen, ist die Krise der Windbranche nach dem beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie und der Kohleförderung eine elementare Bewährungsprobe. Nicht zuletzt sind Großkonzerne wie Volkswagen, die sich auf neue Technologien wie Elektromobilität ausrichten, darauf angewiesen, dass der von ihnen genutzte Strom künftig aus erneuerbaren Energiequellen und damit auch von Windkraftanlagen stammt. Dafür braucht es stringente Rahmenbedingungen, die im Einklang stehen mit Aspekten der Versorgungssicherheit und der Akzeptanz in der Bevölkerung.

Auf dem Spiel steht die Glaubwürdigkeit der Klimaschutzpolitik. Wenn sich aber die politischen Akteure über die Pläne für Abstandsregelungen beim Bau von Windrädern nicht einigen, wenn Genehmigungsverfahren für Windparks nicht beschleunigt werden, wenn das Verhältnis von Klima- und Artenschutz ungeklärt bleibt, wenn es keine Anreize zum Windenergieausbau gibt, dann wird auch der Wirtschafts- und Industriestandort Schaden nehmen. Wenn die Energiewende ernst gemeint ist, dann braucht es nun den politischen Willen auf allen Ebenen.



Quelle: ots/Börsen-Zeitung