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EZB: Geldpolitik braucht klare Grenzen

Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht heute Zweifel an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank geäußert und den Europäischen Gerichtshof erneut um Prüfung gebeten. Diesmal geht es um das Public Sector Purchase Program (PSPP), in dessen Rahmen die EZB bereits Anleihen im Wert von 1,6 Billionen Euro erworben hat. Die Grenzen der Wertpapierkäufe müssen dringend konkretisiert werden.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wirtschaft.
Europäische Zentralbank EZB in Frankfurt
Europäische Zentralbank EZB in Frankfurt
Foto: Thomas Schulz / Flickr CC BY 2.0

Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht heute Zweifel an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank geäußert und den Europäischen Gerichtshof erneut um Prüfung gebeten. Diesmal geht es um das Public Sector Purchase Program (PSPP), in dessen Rahmen die EZB bereits Anleihen im Wert von 1,6 Billionen Euro erworben hat. Die Grenzen der Wertpapierkäufe müssen dringend konkretisiert werden.

Im Juni 2016 hatte das Bundesverfassungsgericht bereits über eine Verfassungsbeschwerde gegen zwei andere Ankaufprogramme der EZB entschieden – das Securities Markets Programm (SMP) und die Outright Monetary Transactions (OMT). Wie damals unterstellen die Beschwerdeführer der EZB, mit ihrem aktuellen Programm über ihr Mandat hinaus Wirtschaftspolitik zu betreiben und dem Bundeshaushalt durch die Anleihekäufe zu hohe Haftungsrisiken aufzubürden.

Im damaligen Urteil bestätigten die Verfassungsrichter die Geldpolitik der EZB – allerdings mit Einschränkungen. Unter anderem sollte das Volumen der Käufe begrenzt sein, um die Haftungsrisiken für den Bundeshaushalt möglichst gering zu halten. Auch sollten zwischen der ersten Veräußerung von Anleihen am Primärmarkt und dem anschließenden Ankauf durch die Zentralbank eine hinreichend große Zeitspanne liegen, damit die Kurse der Anleihen nicht allzu stark verzerrt werden. Andernfalls wäre das Vorgehen der EZB nahe an einer Staatsfinanzierung. Im aktuellen Fall müssen die Verfassungsrichter also klären, ob das Volumen des PSPP zu hoch ist und ob zwischen Erstveräußerung und Ankauf der Anleihen genügend Zeit vergeht.

Begründet hat die EZB die Anleihekäufe mit den Deflationsgefahren im Euroraum. In der Zeit von Dezember 2014 bis Februar 2016 war die Inflationsrate negativ. Zwar befindet sie sich derzeit noch unter der Zielmarke von zwei Prozent. Doch eine Deflationsgefahr besteht nicht mehr: Das Wachstum im Euroraum ist robust und die Arbeitslosigkeit sinkt. Es wäre also an der Zeit, die extreme Geldpolitik zu beenden. Allerdings hat EZB-Chef Mario Draghi mehrfach betont, das Programm möglicherweise zu verlängern. Nach jetzigem Stand kauft die EZB noch bis Ende dieses Jahres Anleihen im Wert von 60 Milliarden Euro monatlich.

Doch selbst wenn das PSPP-Programm ausläuft, wären die Klagepunkte der Beschwerdeführer noch nicht aus der Welt. Bei der nächsten Rezession ist die EZB möglicherweise gezwungen, ihr Ankaufprogramm erneut aufzulegen. Denn aufgrund des niedrigen Zinsniveaus bestehen kaum Möglichkeiten einer herkömmlichen Leitzinssenkung. Die Karlsruher Verfassungsrichter, die den Fall heute zunächst zur Prüfung an den Europäischen Gerichtshof übergeben haben, sollten in ihrem abschließenden Urteil die grundsätzlichen Leitlinien für die Anleihekäufe der EZB aus dem vorherigen OMT-Beschluss konkretisieren. Eine Deckelung der monatlichen Käufe auf 60 Milliarden Euro und eine zeitliche Befristung des Programms auf zwei Jahre wären realistische Grenzen, um die Haftungsrisiken für den Bundeshaushalt gering zu halten. Um die Möglichkeit zur Staatsfinanzierung zu vermeiden, sollten die Verfassungsrichter zudem den Zeitraum zwischen Anleiheemission und Ankauf durch die EZB auf mindestens zwei Wochen festgelegen.



Quelle: IW Köln