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Im Draghi-Modus

Da wollte sich wohl auch die Europäische Zentralbank (EZB) nicht lumpen lassen. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission für einen EU-Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Mrd. Euro und dem deutschen Konjunkturpaket in Höhe von 130 Mrd. Euro haben die Euro-Hüter ihr ohnehin beispielloses Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP um satte 600 Mrd. Euro auf gigantische 1.350 Mrd. Euro aufgestockt. Das toppte sogar noch die von den Märkten erwarteten 500 Mrd. Euro. EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist also auch in dem Punkt endgültig im "Draghi-Modus" angekommen.

Geschrieben von Mark Schrörs am . Veröffentlicht in Wirtschaft.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist also auch in dem Punkt endgültig im "Draghi-Modus" angekommen.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist also auch in dem Punkt endgültig im "Draghi-Modus" angekommen.
Foto: Brinacor / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Da wollte sich wohl auch die Europäische Zentralbank (EZB) nicht lumpen lassen. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission für einen EU-Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Mrd. Euro und dem deutschen Konjunkturpaket in Höhe von 130 Mrd. Euro haben die Euro-Hüter ihr ohnehin beispielloses Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP um satte 600 Mrd. Euro auf gigantische 1.350 Mrd. Euro aufgestockt. Das toppte sogar noch die von den Märkten erwarteten 500 Mrd. Euro. EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist also auch in dem Punkt endgültig im "Draghi-Modus" angekommen.

Angesichts der historischen Mega-Rezession in Euroland erscheint es verständlich und angemessen, dass auch die EZB aus allen Rohren feuert. Trotzdem hätte es durchaus auch einige gute Argumente gegeben, mit der PEPP-Aufstockung zumindest noch zu warten. So scheint die Euro-Wirtschaft die konjunkturelle Talsohle im Mai durchschritten zu haben, und es herrscht große Unsicherheit über die weitere Entwicklung. Zudem ist noch ein immenser geldpolitischer Stimulus in der Pipeline. Die Mehrheit der EZB-Granden aber agiert nach dem Motto: Lieber zu viel und zu früh als zu wenig und zu spät. Aber auch das kann, zumindest langfristig, gehörig nach hinten losgehen - nicht zuletzt mit Blick auf die makrofinanzielle Stabilität.

Auf jeden Fall sollte jetzt aber niemand erwarten, dass noch mehr Geld aus der EZB-Notenbankpresse einen wahnsinnigen Schub für die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und das Wachstum generiert. Und die Finanzierungskosten waren auch vorher schon sehr günstig. Im besten Fall stützen die Hilfen noch das Vertrauen der Haushalte und Unternehmen in ein Überwinden der Krise. Das sollte die EZB aber nicht konterkarieren, indem sie zugleich ein Deflationsgespenst an die Wand malt. Eine typische Deflation zeichnet sich nicht ab - und überhaupt gibt es längst Studien, dass eine Abwärtsspirale aus fallenden Preisen und sinkendem Wachstum extrem selten ist. Schwarzmalerei trägt nur zu Attentismus bei Konsum und Investitionen bei.

Bedauerlich ist, dass die EZB bislang keinen Gedanken daran verschwendet, wie sie aus PEPP wieder herauskommt. Denn das ist die Krux mit Anleihekäufen: Wenn man sie einmal gestartet hat, ist es verdammt schwer, wieder auszusteigen. Das hat das Jahr 2017 bewiesen, als die EZB trotz Wirtschaftsbooms Anleihen gekauft hat wie in einer Krise. Die Euro-Hüter sollten klarmachen, unter welchen Bedingungen sie die Coronakrise für überwunden betrachten. Manch Euro-Hüter mag es nicht gern hören - aber die EZB braucht für die Zukunft eine Exitstrategie.

Quelle: ots/Börsen-Zeitung