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Kein Lockerungswettlauf - Folgen der US-Zinssenkung

Die Kritik aus dem Weißen Haus ließ nicht lange auf sich warten: Nur wenige Minuten nach der Entscheidung der US-Notenbank, ihren Leitzins um 25 Basispunkte zu senken, twitterte US-Präsident Donald Trump am Mittwochabend in Richtung Fed-Chef Jerome Powell: "Powell hat uns im Stich gelassen" - garniert mit dem Zusatz "wie immer". Trump hatte zuvor für aggressive Zinssenkungen getrommelt. Powell & Co. aber agierten zurückhaltend - und das vollkommen zu Recht.

Geschrieben von Mark Schrörs am . Veröffentlicht in Wirtschaft.
US-Notenbank (Federal Reserve)
US-Notenbank (Federal Reserve)
Foto: Rafael Saldaña / CC BY 2.0 (via Flickr)

Die Kritik aus dem Weißen Haus ließ nicht lange auf sich warten: Nur wenige Minuten nach der Entscheidung der US-Notenbank, ihren Leitzins um 25 Basispunkte zu senken, twitterte US-Präsident Donald Trump am Mittwochabend in Richtung Fed-Chef Jerome Powell: "Powell hat uns im Stich gelassen" - garniert mit dem Zusatz "wie immer". Trump hatte zuvor für aggressive Zinssenkungen getrommelt. Powell & Co. aber agierten zurückhaltend - und das vollkommen zu Recht.

Es lässt sich bereits trefflich streiten, ob die erste Zinssenkung seit der Weltfinanzkrise 2008 jetzt überhaupt schon zwingend war. Die US-Wirtschaft steht weiter recht robust da: Die Arbeitslosigkeit liegt nahe dem Rekordtief, Konsum und Binnennachfrage sind stark, und die Inflation ist nicht weit vom Fed-Ziel entfernt. Natürlich sind die Risiken groß, vor allem wegen der Handelskonflikte. Aber deren Ausgang ist ungewiss, und an der politischen Unsicherheit kann die Fed wenig ändern. Eine vorsichtige Zinssenkung als "Prävention" gegen Abwärtsrisiken dürfte nun wenig Schaden anrichten - aber wohl auch nicht viel bringen. Im besten Fall hilft sie ein wenig gegen die sinkenden Inflationserwartungen. Viel wichtiger wäre aber endlich eine Lösung der Zollstreitigkeiten.

Absolut richtig ist aber in jedem Fall, dass Powell klargemacht hat, dass nun nicht automatisch ein langer Zinssenkungszyklus folgt. Das hilft auch etwas, den fatalen Eindruck zu korrigieren, die Fed sei gegenüber Trump eingeknickt. Zugleich wirkte die Fed zuletzt wie eine Getriebene der Märkte. Nun hat Powell zumindest exzessive Lockerungsfantasien etwas gedämpft. Wenn sich die US-Wirtschaft deutlicher abkühlt, sollte die Fed reagieren. Sie darf sich aber weder zum willfährigen Erfüllungsgehilfen für Trumps irrlichternde Handelspolitik noch zur Vollkaskoversicherung für Investoren degradieren (lassen).

Mit der US-Zinssenkung steigt nun der Druck auf andere Zentralbanken, ebenfalls lockerer zu werden - nicht zuletzt auf die Europäische Zentralbank (EZB). Die EZB sollte sich aber auch ein Vorbild an der Zurückhaltung der Fed nehmen und wenigstens nicht gleich mit einem breiten Maßnahmenpaket samt neuer Anleihekäufe überschießen. Das könnte nur die Fed zwingen, auch noch expansiver zu werden. Ein geldpolitischer Lockerungswettlauf und ein (kalter) Währungskrieg zwischen Dollar und Euro hilft niemandem.

Apropos: Wenn Trump einen schwächeren Dollar will, sollte er nicht auf die Fed oder alte Verbündete einprügeln, sondern die Zollkonflikte ausräumen. Eine solche Botschaft wäre endlich mal ein lohnender Tweet.



Quelle: ots/Börsen-Zeitung