Spürbare Wirtschaftseffekte durch Integration
Die Integration von Flüchtlingen ist eine der letzten Chancen für den ländlichen Raum. Das sagte der Leiter des Zentrums für Sozialforschung Halle e.V. (ZSH) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Andreas Siegert, gegenüber dem MDR-Magazin "exakt":
Die Integration von Flüchtlingen ist eine der letzten Chancen für den ländlichen Raum. Das sagte der Leiter des Zentrums für Sozialforschung Halle e.V. (ZSH) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Andreas Siegert, gegenüber dem MDR-Magazin "exakt":
"Ohne Einwanderung sehen wir, dass etwa Trink- und Abwasserkosten
dramatisch steigen, dass Schulen geschlossen werden, dass Vereine
keine attraktiven Mannschaften mehr zusammenstellen können und
Kultureinrichtungen schließen müssen."
Vom demografischen Wandel stark betroffene Regionen hätten nur wenige
Möglichkeiten, den Bevölkerungsverlust aufzuhalten. "Geburten fallen
aufgrund des hohen Durchschnittsalters von rund 55 Jahren aus und die
Wanderung innerhalb des Landes funktioniert schon seit Jahren nicht
in Richtung ländlicher Raum", sagte Siegert weiter. Da bleibe im
Grunde nur die Zuwanderung von außen.
Laut Siegert kann es gelingen, Flüchtlinge auf dem Land zu
integrieren. "Wir können belegen, dass Menschen, die in ländlichen
Räumen sozialisiert wurden, eher bereit sind in ländliche Räume zu
ziehen", sagte er. Es könne davon ausgegangen werden, dass es drei
zentrale Bindungsfaktoren für den ländlichen Raum gibt. "Das eine ist
berufliche Integration und Perspektive, das zweite ist soziale
Einbindung und das dritte ist Wohnungseigentum." Der Sozialforscher
hat im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt die Studie "An-Kommen
Will-Kommen" zur Integration von Flüchtlingen erstellt.
Auf Zuwanderung von außen zu setzen haben bereits mehrere Kommunen
erkannt. Eine davon ist die Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte im
Norden von Sachsen-Anhalt. Bürgermeister Andreas Brohm (parteilos)
wirbt seit Monaten um Zuzug. "Wir versprechen uns davon zahlreiche
Vorteile", sagte er dem Nachrichtenmagazin "exakt". Dazu zählten die
Sanierung von Schulen, der Ausbau von Kitas, eine Steigerung der
Kaufkraft in der Kommune sowie eine stabile Einwohnerzahl.
Auch die Städtische Wohnungsgesellschaft der Einheitsgemeinde
profitiere von der Integration von Flüchtlingsfamilien. "Wir brauchen
zusätzliche Mieter und unter anderem sind Flüchtlinge geeignet dazu,
uns zu helfen", sagte Brohm. Er rechnete vor, dass allein in diesem
Jahr die Kommune aufgrund der Vermietung von Wohnraum an Asylbewerber
rund 40.000 Euro mehr einnehme.