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AfD-Masche: Einfach provozieren

Die Bilanz nach einem Jahr im Landtag ist für die bayerische AfD alles andere als respektabel: An viel zu vielen Tagen ist die Partei eine Zumutung. Die Methode ist dabei stets gleich: Es geht ums Provozieren um jeden Preis, mit dem schlichten Ziel, Schlagzeilen zu produzieren. Auf die zwangsläufige öffentliche Empörung folgt dann das nächste Schauspiel: Man gebärdet sich als Opfer eines Gegenwinds, den man selbst mit Kalkül entfacht hat.

Geschrieben von Christine Schröpf am . Veröffentlicht in Regio-News.
Katrin Ebner-Steiner
Katrin Ebner-Steiner
Foto: Michael Lucan / CC-BY-SA 3.0 de (via Wikimedia Commons)

Die Bilanz nach einem Jahr im Landtag ist für die bayerische AfD alles andere als respektabel: An viel zu vielen Tagen ist die Partei eine Zumutung. Die Methode ist dabei stets gleich: Es geht ums Provozieren um jeden Preis, mit dem schlichten Ziel, Schlagzeilen zu produzieren. Auf die zwangsläufige öffentliche Empörung folgt dann das nächste Schauspiel: Man gebärdet sich als Opfer eines Gegenwinds, den man selbst mit Kalkül entfacht hat.

Die AfD hat es im Parlament bereits auf vier offizielle Rügen gebracht, zudem auf eine Anzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft. Zwei Abgeordnete sind aus der Fraktion ausgetreten. Einer davon, weil er erklärtermaßen nicht mehr bürgerliche Fassade einer im Kern fremdenfeindlichen und extremistischen Partei sein wollte. Durch die Fraktion geht überhaupt ein tiefer Riss, zu beobachten bei den jüngsten Fraktionswahlen, denen nahezu die Hälfte der Mandatsträger fernblieb. Der raue Umgangston - er wird auch intern praktiziert. Das erste Jahr war geprägt durch Eklats, Affronts und Peinlichkeiten. Zu denen, die besonders unrühmlich hervorstechen, zählen die Abgeordneten Ralph Müller aus Franken und Ralf Stadler aus Niederbayern. Stadler ist um der Provokation Willen auch jedes Kasperltheater recht - siehe das plumpe Fakefoto von Landtagspräsidentin Ilse Aigner, in das AfD-Luftballons montiert wurden. Die Liste ließe sich jederzeit verlängern.

Eine besondere Rolle spielt Landtagsfraktionschefin Katrin Ebner-Steiner, die nicht die Nähe zum thüringischen AfD-Chef und Parteirechtsaußen Björn Höcke scheut, der die Demokratie in Deutschland zerschlagen will. Trotzdem zeigt dieser Blick auf die Partei nur einen Teil der Wahrheit. Es wäre falsch, alle AfD-Repräsentanten über einen Kamm zu scheren. Es gibt auch die gemäßigteren Köpfe, die Hoffnung wecken, dass sie wirklich für eine andere AfD stehen. Doch tonangebend ist dieser Stil bisher nicht. Es sind Ebner-Steiner, Müller, Stadler und Co., die das Erscheinungsbild prägen. Die Gemäßigten in der AfD müssen sich deshalb fragen lassen, warum ein radikaler Kurswechsel nicht mehrheitsfähig ist, warum sie die schlechten Aushängeschilder ihrer Partei nicht stoppen können und warum sie nach dieser ernüchternden Diagnose nicht das Weite und anderswo eine politische Heimat suchen.

Solange ihr Missbehagen keine Konsequenzen hat, sind sie Teil des "Systems AfD". Eines Systems, das auch Widerstand von außen spüren muss. Die Auseinandersetzung mit der in Teilen demokratiefeindlichen AfD ist Bürgerpflicht. Gegen-Demos? Gern. Die AfD, die die Meinungsfreiheit nach Kräften strapaziert, muss es aushalten, dass auch andere ihr Grundrecht nutzen. Gegendemonstrationen sollten jedoch gezielt und nicht reflexartig stattfinden. Sie sorgen im unerwünschten Nebeneffekt leider dafür, dass die Partei enger zusammenrückt. Die Bandbreite an Reaktionen muss größer sein. Warum nicht an Infoständen in großer Schar mit AfD-Anhängern debattieren und ihnen Antworten abverlangen? Selbst zuzuhören, gehört allerdings auch dazu. Die größte Schwäche der AfD ist zwar, welch oft miserablen Schlüsse sie aus gesellschaftlichen Veränderungen zieht. Ihre Stärke liegt aber darin, berechtigte Unzufriedenheit in der Gesellschaft zu erkennen, Unzufriedenheit, die nicht verschwindet, wenn man die AfD als indiskutabel deklariert.

Ob es gefällt oder nicht: Die AfD ist in Bayern seit der Landtagswahl demokratisch legitimierter Teil des politischen Machtgefüges. Sie bringt es in Umfragen weiter auf rund zehn Prozent. Das ist für Bayern ein hoher Wert, der aufrütteln muss. Wer die AfD nur als Ärgernis sieht, zielt zu kurz. Die Partei bietet auch eine Chance, weil sie das Ausmaß der Ultrarechten wie der Unzufriedenen sichtbar macht. Ein Teil davon ist für etablierte Parteien noch immer erreichbar, wenn man es nicht bei Abgrenzung gegenüber der AfD belässt.



Quelle: ots/Mittelbayerische Zeitung