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Der Wald im Klimastress

Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen: Wenn NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser in zwei Wochen den zweiten Waldzustandsbericht ihrer noch kurzen Amtszeit vorstellt, wird er wie schon sein Vorgänger den bis dato dramatischsten Zustand des nordrhein-westfälischen Waldes seit Beginn der Untersuchungen beschreiben. Und ein Ende ist noch nicht abzusehen: Noch weiß keiner, wann der Höhepunkt der Kalamität erreicht ist, wie Fachleute die schwere Schädigung des Waldes vor allem durch den Borkenkäferbefall bezeichnen. Ein bis zwei Jahre kann das durchaus noch dauern. Danach ist der Wald nicht mehr das, was er einmal war.

Geschrieben von Ekkehard Rüger am . Veröffentlicht in Regio-News.
Ursula Heinen-Esser und Andreas Wiebe (Leiter des Landesbetriebs Wald und Holz NRW)
Ursula Heinen-Esser und Andreas Wiebe (Leiter des Landesbetriebs Wald und Holz NRW)
Foto: StagiaireMGIMO / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen: Wenn NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser in zwei Wochen den zweiten Waldzustandsbericht ihrer noch kurzen Amtszeit vorstellt, wird er wie schon sein Vorgänger den bis dato dramatischsten Zustand des nordrhein-westfälischen Waldes seit Beginn der Untersuchungen beschreiben. Und ein Ende ist noch nicht abzusehen: Noch weiß keiner, wann der Höhepunkt der Kalamität erreicht ist, wie Fachleute die schwere Schädigung des Waldes vor allem durch den Borkenkäferbefall bezeichnen. Ein bis zwei Jahre kann das durchaus noch dauern. Danach ist der Wald nicht mehr das, was er einmal war.

Und so soll und wird er auch nicht mehr werden. Aber damit er überhaupt eine Zukunft hat, muss dringend jene Kurzfristigkeit im Denken überwunden werden, die gerne sowohl politische Prozesse als auch öffentliches Bewusstsein bestimmt: Wenn ein Hitzesommer dem Wald sichtbar zusetzt, ist die Bestürzung groß; folgt ein verregneter Herbst, ist alles schon nur noch halb so schlimm. Diesem törichten Denken steht der Befund aller Fachleute unabhängig von ihrer sonstigen Einstellung zur Bewirtschaftung der Wälder entgegen: Nötig ist ein langer Planungshorizont, nötig sind auch verlässlich fließende Fördergelder in bisher ungekanntem Maße. 

Hans Joachim Schellnhuber, Mitglied des Weltklimarats und einer von Deutschlands führenden Klimaforschern, bezeichnet funktionierende Ökosysteme als unsere Verbündeten und einzig verbliebenen Freunde im Kampf gegen den Klimawandel. Der Dreiklang von sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Bedeutung des Waldes wird also neu verhandelt werden müssen. Am Ende werden voraussichtlich viele kleine Mosaiklösungen stehen. Denn was Schellnhuber im Weltmaßstab fordert, gilt auch für Nordrhein-Westfalen: "Wir müssen für jede Region eigene Antwortstrategien finden."

Aber egal wie diese Antworten im Detail ausfallen, sie müssen der Gesellschaft im wahrsten Sinne etwas wert sein. Daher ist die Diskussion über eine Honorierung für die Ökosystemleistungen des Waldes überfällig. Waldbesitzer, die wie derzeit beim Beseitigen der Schadbestände ein Minusgeschäft machen, sind am Ende für alle Schutz- und Umbaumaßnahmen unempfänglich. Für den NRW-Wald mit seiner kleinteiligen Eigentümerstruktur wäre das tödlich.

Schellnhuber beziffert die Chance, dass die Weltgemeinschaft in Sachen Klimaschutz noch die Kurve kriegt, auf gerade einmal 19 Prozent. Der Kampf an der Waldfront ist dabei eine der entscheidenden Stellschrauben. Wir können uns nicht erlauben, ihn zu verlieren.



Quelle: ots/Westdeutsche Zeitung