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Landarzt dringend gesucht

Coronavirus, Grippe oder doch bloß eine Erkältung? Wer sich krank fühlt, der geht zum Hausarzt. Doch was, wenn es keinen mehr gibt? Oder viel zu wenige? In Roding, zum Beispiel, fehlen aktuell zwei Ärzte, in Schwandorf drei. Im Planungsbereich Tirschenreuth sind es sogar sieben Ärzte, die die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) dringend sucht. Im Landkreis Cham sei die Versorgung momentan gewährleistet - allerdings von Ärzten, die im Durchschnitt 60,2 Jahre alt sind, schreibt die KVB. Bayernweit sind es rund 400 Stellen, die nicht besetzt werden können, weil es an qualifizierten Ärzten fehlt.

Geschrieben von Katia Meyer-Tien am . Veröffentlicht in Regio-News.
Foto: David Mark / CC0 (via Pixabay)

Coronavirus, Grippe oder doch bloß eine Erkältung? Wer sich krank fühlt, der geht zum Hausarzt. Doch was, wenn es keinen mehr gibt? Oder viel zu wenige? In Roding, zum Beispiel, fehlen aktuell zwei Ärzte, in Schwandorf drei. Im Planungsbereich Tirschenreuth sind es sogar sieben Ärzte, die die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) dringend sucht. Im Landkreis Cham sei die Versorgung momentan gewährleistet - allerdings von Ärzten, die im Durchschnitt 60,2 Jahre alt sind, schreibt die KVB. Bayernweit sind es rund 400 Stellen, die nicht besetzt werden können, weil es an qualifizierten Ärzten fehlt.

Die meisten Ärzte fehlen in kleinen Gemeinden im ländlichen Raum. Die Gründe dafür sind vielfältig. Für manch jungen Arzt ist die Arbeit in urbanen Gegenden mit Kontakt zu Kollegen, guter Infrastruktur, Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Schulen und kulturellen Angeboten attraktiver. Für viele sind Kooperationsmöglichkeiten mit Fachärzten wichtig, auch wegen der Regresspflicht: Muss ein Arzt im ländlichen Raum teure Spezialmedikamente selber verschreiben, ist sein Budget schnell ausgeschöpft, teure Nachforderungen der Krankenkassen drohen. Manch einer scheut die Bürokratie, die Arbeitszeiten und vielleicht auch die Verantwortung, der einzige Arzt im Umkreis vieler Kilometer zu sein. Und nicht zuletzt spielt auch der Partner eine große Rolle, der am Praxisstandort ebenfalls einen passenden Arbeitsplatz finden muss.

Betroffene Kommunen tun viel, um Ärzten den Start in ihrer Region zu erleichtern, von Hilfen bei der Praxisgründung über verbilligten Baugrund bis hin zu zinslosen Darlehen. Mit der gerade beschlossenen Landarztquote, die bis zu 5,8 Prozent der bayerischen Medizinstudienplätze für Studierende reserviert, die sich verpflichten mindestens zehn Jahre als Hausarzt in einer medizinisch unterversorgen Region zu arbeiten, versucht auch die Staatsregierung gegenzusteuern. Der Erfolg ist ungewiss, Kritiker sind skeptisch, wie sinnvoll es ist, dass sich junge Menschen noch vor Beginn ihrer Ausbildung für so lange Zeit nach dem Studienende festlegen. Die KVB hingegen setzt auf wohnortnahe Ausbildung und befürwortet die Einrichtung eines Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der Universität Regensburg. Momentan unterrichten hier Lehrbeauftragte an der Lehr- und Forschungseinheit Allgemeinmedizin, in 61 Lehrpraxen in der Region können die Studierenenden Blockpraktika absolvieren. Rund 25 Prozent der Regensburger Medizinabsolventen lassen sich so zu Allgemeinmedizinern ausbilden. Das sind überdurchschnittlich viele, die Einrichtung eines Lehrstuhls könnte die hausärztliche Tätigkeit für Studierende noch attraktiver und die Region für Ärzte allgemein interessanter machen.

Die theaterliebende Medizinstudentin, der Allgemeinarzt mit der ambitionierten Ingenieurin als Partner, sie alle werden wohl trotzdem zurückschrecken vor dem Leben als Landarzt. Die Zielgruppe müssen jene jungen Menschen sein, die in der Nähe ihres Heimatortes bleiben wollen oder die gerade die ländlichen Strukturen schätzen. Sie brauchen Vorbilder: Hausärzte, die schon in den Schulen Werbung machen, Praktika anbieten und von den positiven Seiten ihrer Arbeit berichten - von der Verbundenheit mit den Menschen, von dem breiten Spektrum, das es mit sich bringt, erster Ansprechpartner für alle medizinischen Belange zu sein. Und sie brauchen Strukturen, die es möglich machen, Gemeinschaftspraxen oder Versorgungszentren einzurichten. Die wiederum geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten ermöglichen und all jene auffangen, die vor der selbstständigen Arbeit in der eigenen Praxis zurückschrecken. Auch weniger Bürokratie und mehr Hilfe im Alltag, durch medizinische Hilfskräfte oder den Einsatz von Telemedizin können den Landarztberuf attraktiver machen: Es sind viele kleine Dinge, die ineinandergreifen müssen, um die medizinische Versorgungskrise auf dem Land in den Griff zu bekommen.



Quelle: ots/Mittelbayerische Zeitung