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Risikoschwangerschaft ignoriert? Schwere Vorwürfe gegen Hamburger Behörden

Eine junge Migrantin aus Guinea erhebt schwere Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Hamburg. Die 20-Jährige war im Februar von Hamburg nach Nordrhein-Westfalen geschickt worden, obwohl bei ihr eine Risikoschwangerschaft vorlag und Ärzte ihr Bettruhe verordnet hatten. Nach der Reise verlor die Frau ihr ungeborenes Kind.

Geschrieben von NDR am . Veröffentlicht in Regio-News.
Foto: mijoko / pixabay (CC)

Eine junge Migrantin aus Guinea erhebt schwere Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Hamburg. Die 20-Jährige war im Februar von Hamburg nach Nordrhein-Westfalen geschickt worden, obwohl bei ihr eine Risikoschwangerschaft vorlag und Ärzte ihr Bettruhe verordnet hatten. Nach der Reise verlor die Frau ihr ungeborenes Kind.

Gegenüber dem Radioprogramm NDR Info und dem WDR erklärt sie, sie habe die zuständigen Mitarbeiter der Flüchtlingsunterkunft darüber informiert, dass bei ihr eine Risikoschwangerschaft vorlag. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt wegen eines möglichen Fremdverschuldens gegen Unbekannt.

Die Frau war gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem eineinhalbjährigen Sohn Anfang Februar in Hamburg angekommen. Als bei ihr Unterleibsblutungen eintraten, besuchte sie ein Hamburger Krankenhaus. Der entsprechende Arztbrief liegt NDR Info und dem WDR vor. Die Ärzte rieten der Frau anschließend dazu, strenge Bettruhe einzuhalten, um das ungeborene Baby nicht zu gefährden. Die junge Familie wohnte zu diesem Zeitpunkt in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Hamburg-Harburg. Ende Februar wurde die Familie darüber informiert, dass sie in die Flüchtlingsunterkunft Burbach nahe Siegen in Nordrhein-Westfalen weiterreisen müsse. Die Frau und ihr Mann sagen übereinstimmend, dass sie gegen diese Entscheidung protestiert hätten. Der 34-jährige Mann habe demnach erklärt, dass sich seine Frau nicht bewegen dürfe. Auch habe er den Mitarbeitern der Unterkunft den Arztbrief vorgelegt. Man habe ihm jedoch erklärt, dass sich die Frau im Zug ja nicht bewegen müsse. Das Paar fuhr nach eigenen Angaben insgesamt zwölf Stunden mit verschiedenen Regionalzügen bis Dortmund, wo bei der Frau erneut starke Blutungen einsetzten. Ärzte konnten das ungeborene Baby nicht mehr retten.

Nach einem Bericht des WDR hatte die Linke in der Hamburger Bürgerschaft im Mai eine Kleine Anfrage an den Senat gestellt. Der Senat hatte daraufhin erklärt, die Frau habe gegenüber den zuständigen Behörden verschwiegen, dass in ihrer Schwangerschaft Komplikationen aufgetreten seien. Auch habe man weder Kenntnis von einem Krankenhausaufenthalt gehabt, noch entsprechende Unterlagen eingesehen. Zudem habe sich die Familie mit der Reise nach Burbach einverstanden erklärt. "Es bestand daher keine Veranlassung, von der getroffenen Verteilungsentscheidung abzusehen", heißt es in der Antwort des Senats. Auf Anfrage von WDR und NDR Info wiederholte ein Sprecher der Innenbehörde diese Darstellung. Die Frage, wie die Widersprüche zu den Aussagen der Flüchtlingsfamilie zu erklären sind, beantwortete die Innenbehörde nicht.

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Hamburger Linksfraktion, Christiane Schneider, wertet die Antwort des Senats als "Schutzbehauptung". "Nach derzeitigem Informationsstand sieht es so aus, als habe der Senat gelogen", sagte Schneider zu NDR Info und dem WDR. Um zu verhindern, dass sich so ein Fall noch einmal wiederholt, sei es wichtig, den Vorgang lückenlos aufzuklären.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg führt in dem Fall ein so genanntes Todesermittlungsverfahren, in dem geklärt wird, ob der Tod des ungeborenen Kindes auf Fremdverschulden zurückzuführen ist. Mit ersten Ergebnissen sei nicht vor Ende August zu rechnen, erklärte eine Sprecherin.