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Respekt-Rente: Teuer, nicht treffsicher, ungerecht

Mit seiner „Respekt-Rente“ plant Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, niedrige Rentenansprüche großzügig aufzustocken. Allerdings soll nicht geprüft werden, wer überhaupt bedürftig ist – das dürfte Beitrags- oder Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Von der Respekt-Rente profitieren viele, die bereits gut abgesichert sind, aber längst nicht alle Bedürftigen.

Geschrieben von Jochen Pimpertz am . Veröffentlicht in Politik.
Foto: fsHH / CC0 (via Pixabay)

Mit seiner „Respekt-Rente“ plant Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, niedrige Rentenansprüche großzügig aufzustocken. Allerdings soll nicht geprüft werden, wer überhaupt bedürftig ist – das dürfte Beitrags- oder Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Von der Respekt-Rente profitieren viele, die bereits gut abgesichert sind, aber längst nicht alle Bedürftigen.

Union, GroKo und nun Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: Sie alle haben neue Rentenkonzepte in die Diskussion eingebracht. Die Ideen heißen Lebensleistungsrente, Grundrente und nun Respekt-Rente. Zwar gibt es Unterschiede im Kleingedruckten, doch mit der Antwort auf die zentrale Frage tun sich alle Vorschläge schwer: Was ist gerecht?

In der politischen Diskussion scheint es einen Konsens zu geben: Wer ein Leben lang gearbeitet hat, soll im Alter eine höhere Rente erhalten als andere, auf die das nicht zutrifft. Es geht also um Leistungsgerechtigkeit. Dabei gerät in Vergessenheit, dass ausgerechnet die gesetzliche Rente diesem Kriterium genügt, vorausgesetzt die Leistung bemisst sich an der beitragspflichtigen Erwerbsarbeit, der Erziehung von Kindern und der Pflege von Angehörigen.

Davon muss die Bedarfsgerechtigkeit unterschieden werden. Dieses Konzept fragt nicht nach der Vorgeschichte eines Menschen, sondern nach dessen Bedürftigkeit. Die Grundsicherung gewährleistet in Deutschland eine menschenwürdige Mindestausstattung, wenn sichergestellt ist, dass keine weiteren Einkommen vorliegen, es kein Vermögen gibt und auch kein unterhaltspflichtiger Angehöriger die notwendige Unterstützung leisten kann.

Die beiden Konzepte waren bislang sauber getrennt und geraten nun mit der Respekt-Rente durcheinander. Vier Beispiele zur Verdeutlichung:

  • Wer 35 Jahre nur 40 Prozent des durchschnittlichen beitragspflichtigen Entgelts verdient hat, beispielsweise aufgrund von Teilzeit oder niedrigen Stundenlöhnen, erhält aktuell in Westdeutschland rund 448 Euro Rente pro Monat. Nach den Plänen von Minister Heil könnte diese Rente auf fast 900 Euro aufgestockt werden. Damit gäbe es genauso viel wie für jemanden, der aufgrund eines höheren Arbeitseinsatzes oder höheren Stundenverdienstes in den vergangenen 35 Jahren 80 Prozent des Durchschnittsentgelts verdient hat. Ist das leistungsgerecht?
  • Das Konzept des Bundesarbeitsministers prüft ganz bewusst nicht, ob jemand bedürftig ist oder nicht. Damit erhält diese Aufstockung sowohl der Single-Rentner, der allein von der Mini-Rente leben muss, als auch der verheiratete Rentner, der über die Altersversorgung seines Partners abgesichert ist und womöglich noch über gemeinsames Vermögen verfügt. Ist das bedarfsgerecht?
  • Wer lediglich 30 Jahre eingezahlt hat, geht leer aus. Rund 384 Euro pro Monat sind in diesem Fall zu wenig, um ohne steuerfinanzierte Hilfen über die Runden zu kommen. Ist das bedarfsgerecht?
  • Wer vermögend ist, muss seine Rücklagen abschmelzen, ehe die bedürftigkeitsgeprüfte Grundsicherung fließt. Das Vermögen eines Renten-Aufstockers würde dagegen allein aufgrund seiner längeren Beitragszeit geschont. Ist das leistungsgerecht?

Mit der Respekt-Rente werden also zahlreiche Rentenbezieher profitieren, die gar keiner Hilfe bedürfen – auf der anderen Seite schützt die Aufstockung nicht wirksam vor Altersarmut.



Quelle: IW Köln