Charme-Offensive ohne Menschenrechte
Kein Zweifel: Donald Trump ist ein Feind und eine Gefahr für den freien Welthandel. Für sein »America first« scheut er fast keinen Konflikt - auch nicht mit China oder der Europäischen Union. In einer solchen Situation liegt es nahe, dass Trumps Gegner über eine Abwehrkoalition nachdenken. Zuletzt schien es sogar, als wolle der chinesische Präsident Xi Jinping Europa mit einer »Charme-Offensive« einfangen.
Kein Zweifel: Donald Trump ist ein Feind und eine Gefahr für den freien Welthandel. Für sein »America first« scheut er fast keinen Konflikt - auch nicht mit China oder der Europäischen Union. In einer solchen Situation liegt es nahe, dass Trumps Gegner über eine Abwehrkoalition nachdenken. Zuletzt schien es sogar, als wolle der chinesische Präsident Xi Jinping Europa mit einer »Charme-Offensive« einfangen.
Gar nicht charmant, sondern bedrohlich ist allerdings das Gesicht, das Xi Jinping Hongkong zuwendet. Peking werde die Regierung der ehemaligen Kronkolonie darin unterstützen, »Gewalt und Chaos« zu beenden, erklärte Peking auf die von Kanzlerin Angela Merkel vorgetragene Kritik an den Gewaltexzessen gegen friedliche Demonstranten. Die Einschränkung »im Rahmen der Gesetze« kann nicht wirklich beruhigen. Denn die Gesetze Hongkongs sind nicht erst in diesem Jahr den Vorstellungen des »großen Bruders« angepasst worden. Es war von vorneherein klar, dass Merkel auf ihrer zwölften Chinareise ein Minenfeld betreten würde. Dies werde ein diplomatischer Drahtseiltakt, hieß es.
Dessen ungeachtet hat es die Kanzlerin zum Glück vermieden, die Frage der Menschenrechte auszuklammern. Die Gastgeber machten ihr die Aufgabe nicht unbedingt leicht. Dass Premierminister Li Keqiang im Wissen um die gesundheitlichen Probleme der Kanzlerin bei der Militärparade die Nationalhymne neben der sitzenden Kanzlerin im Stehen abnahm, lässt sich verschmerzen. Dagegen hätte man sich auf den Ausschluss deutscher Journalisten aus der einzigen Pressekonferenz in Peking eine entschiedenere Reaktion Merkels gewünscht. Eine Einladung der Medien in die Deutsche Botschaft - vorgeschlagen vom FDP-Politiker und Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki - wäre ein unmissverständliches Zeichen an Chinas Machthaber gewesen: Deutschland ist dabei, wenn es darum geht, die wirtschaftlichen Beziehungen zu beider Nutzen auszubauen und mit China gegen neue Zollschranken und andere Einschränkungen des freien Welthandels einzutreten.
Aber weder die deutsche Politik noch die deutsche Wirtschaft tun dies um jeden Preis. Es waren die Wirtschaft und ihre Verbände, die die deutsche Politik 2019 mehrmals aufgefordert haben, gegen Einschränkungen ihrer unternehmerischen Freiheit und Sicherheit in China zu protestieren. Zu den schon vorhandenen Restriktionen beim Zugang zum chinesischen Markt sowie der Subventionierung von Dumpingpreisen über den löchrigen Patentschutz bis zur Verpflichtung, Parteikader in ihren Unternehmen zu beschäftigen, stehen nun weitere an. Angesichts des Social Scoring, das Wohlverhalten mit Punkten belohnt und das Gegenteil bestraft, ist die Vorstellung, Geschäft und Moral seien zu trennen, endgültig passé.