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Katalonien: Ausweg Referendum

Am 9. November vergangenen Jahres hat die konservativ-nationalistische Regierung Kataloniens ein Referendum zur Unabhängigkeit ausführen lassen, obwohl dies vom spanischen Verfassungsgericht für illegal erklärt worden war. Daraufhin erklärten die Nationalisten die Regionalwahlen am 27. September zu einem Ersatzplebiszit und ernteten eine absolute Mehrheit der Sitze, aber nicht der Stimmen. Gestern, am Jahrestag der ungültigen Volksbefragung, stimmte das Parlament in Barcelona über einen Antrag ab, der den Stein zur Abspaltung von Spanien ins Rollen bringen soll.

Geschrieben von Thilo Schäfer am . Veröffentlicht in Welt.
Foto: Jan Harenburg / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)

Am 9. November vergangenen Jahres hat die konservativ-nationalistische Regierung Kataloniens ein Referendum zur Unabhängigkeit ausführen lassen, obwohl dies vom spanischen Verfassungsgericht für illegal erklärt worden war. Daraufhin erklärten die Nationalisten die Regionalwahlen am 27. September zu einem Ersatzplebiszit und ernteten eine absolute Mehrheit der Sitze, aber nicht der Stimmen. Gestern, am Jahrestag der ungültigen Volksbefragung, stimmte das Parlament in Barcelona über einen Antrag ab, der den Stein zur Abspaltung von Spanien ins Rollen bringen soll.

Die Zentralregierung in Madrid wird aller Wahrscheinlichkeit nach mit der angekündigten Klage vor dem Verfassungsgericht Erfolg haben und die Ausführung der Parlamentsentscheidung in Katalonien, die etwa den Aufbau eigener staatlicher Strukturen vorsieht, untersagen können. Sollten die Nationalisten jedoch wie bereits angedeutet die Verfassungsrichter ignorieren, müsste Madrid wohl zu härteren Mittel greifen und notfalls den Autonomiestatus Kataloniens aufheben. Das würde die sowieso schon explosive Lage weiter verschärfen. Überhaupt ist zu fürchten, dass in den Wochen vor den spanischen Parlamentswahlen am 20. Dezember die Spannungen eher noch zunehmen werden.

Viele Menschen im Lande hegen die Hoffnung, dass eine neue Regierung in Madrid die Situation irgendwie in den Griff bekommen könnte - etwa über eine Verfassungsreform, die den Ansprüchen der Katalanen nach mehr Eigenständigkeit entgegen käme. Doch möglicherweise ist es dafür schon zu spät. Die Nationalisten von Junts pel Sí und CUP können eigentlich nur noch die totale Abspaltung anstreben, wenn sie nicht das Gesicht verlieren wollen. Dabei ist keineswegs gesagt, dass alle Wähler der Separatisten - 48 Prozent derjenigen, die an der Wahl teilgenommen haben - letztlich auch tatsächlich für die Unabhängigkeit stimmen würden. Viele von ihnen denken, dass mit der Drohkulisse größere Zugeständnisse, etwa beim Finanzausgleich, erzwungen werden können.

Daher ist der beste und vielleicht einzige Weg ein Referendum nach dem Vorbild Großbritanniens. Premierminister David Cameron hatte den Mut, die Schotten über ihre Zukunft abstimmen zu lassen. Nach einem Zittermoment hatte der Brite damit Erfolg. Auch in Katalonien könnte, bei allem Risiko, eine "Better-together"-Kampagne funktionieren. In Spanien ist ein solcher Volksentscheid unter der derzeitigen Verfassung nicht möglich. Doch Verfassungen kann man ändern, es bedarf lediglich des politischen Willens.



Quelle: ots / Börsen-Zeitung