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Trotz Johnson sind die Briten Partner

Queen Elizabeth II. hat 13 Premierminister(innen) ernannt. Der 14. ist sicher der ungewöhnlichste. Ein gnadenloser Populist. Einer, der den Applaus der Masse liebt, die nüchterne Präzision der Fakten eher nicht. Einer, der Wendigkeit als politisches Instrument anerkennt. Und auf die Frage, welche Überzeugungen er habe, sagt: "Ich bin gegen die EU und gegen die Todesstrafe." Das lässt doch Spielraum für Verhandlungen an anderer Stelle.

Geschrieben von Michael Bröcker am . Veröffentlicht in Welt.
Boris Johnson (links) und David McAllister
Boris Johnson (links) und David McAllister
Foto: EU2017EE / CC BY 2.0 (via Flickr)

Queen Elizabeth II. hat 13 Premierminister(innen) ernannt. Der 14. ist sicher der ungewöhnlichste. Ein gnadenloser Populist. Einer, der den Applaus der Masse liebt, die nüchterne Präzision der Fakten eher nicht. Einer, der Wendigkeit als politisches Instrument anerkennt. Und auf die Frage, welche Überzeugungen er habe, sagt: "Ich bin gegen die EU und gegen die Todesstrafe." Das lässt doch Spielraum für Verhandlungen an anderer Stelle.

Boris Johnson ist gerne Bad Boy, Biografen beschreiben ihn als Narziss. Aber Johnson ist auch ein überzeugter Demokrat und ein Marktwirtschaftler mit kosmopolitischem Hintergrund. Der ehemalige Elite-Schüler spricht so gut französisch wie Ursula von der Leyen.

Also: Keine Panik. Mit diesem Mann kann und muss die EU arbeiten. Großbritannien bleibt Partner eines vereinten Europa. Das hatte schon Johnsons Vorbild Churchill vorausgesagt, es gilt auch für die Post-Brexit-Zeit. Großbritannien braucht die EU, vor allem den Warenaustausch. Die britische Handelsbilanz ist tiefrot. Die Verhandlungsmasse für Johnson beim Brexit ist null. Die EU wird das Abkommen nicht aufschnüren, und eine sicherheits- und wirtschaftspolitische Kooperation ist auch über bilaterale Verträge möglich.

Angela Merkel hat schon ganz andere politische Kaliber geknackt und in Verhandlungen gezwungen, von Erdogan bis Putin. Auf Donald Trump hat sich Merkel unter anderem mit einem "Playboy"-Interview vorbereitet, in dem der Macho aus New York viel preisgab. Sie wird die Portraits über Johnson studieren und dabei auf einen Mann stoßen, der früh unterschätzt wurde, aber über seine Bühnentauglichkeit und seine Rhetorik Zustimmung fand. Ein Entertainer im Amt - auch das hat Merkel mit Silvio Berlusconi schon erlebt. Und gut hinbekommen.



Quelle: ots/Rheinische Post