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US-Geldpolitik: Souveräner Auftritt

So deutlich war US-Notenbankchef Jerome Powell selten. Nach seinem jüngsten Auftritt vor dem Kongress können eigentlich kaum noch Zweifel daran bestehen, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed in drei Wochen den Geldhahn aufdrehen und die erste Zinssenkung seit mehr als zehn Jahren beschließen wird. Alles andere würde nicht nur Kursstürze an den Märkten auslösen. Insbesondere würde der Verzicht auf eine monetäre Lockerung das Vertrauen in die Transparenz der Notenbank erschüttern, die seit Jahren versucht, ihre Absichten deutlicher zu kommunizieren.

Geschrieben von Peter de Thier am . Veröffentlicht in Welt.
Jerome Powell
Jerome Powell
Foto: Federalreserve - DSC_3302 / Public Domain

So deutlich war US-Notenbankchef Jerome Powell selten. Nach seinem jüngsten Auftritt vor dem Kongress können eigentlich kaum noch Zweifel daran bestehen, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed in drei Wochen den Geldhahn aufdrehen und die erste Zinssenkung seit mehr als zehn Jahren beschließen wird. Alles andere würde nicht nur Kursstürze an den Märkten auslösen. Insbesondere würde der Verzicht auf eine monetäre Lockerung das Vertrauen in die Transparenz der Notenbank erschüttern, die seit Jahren versucht, ihre Absichten deutlicher zu kommunizieren.

Die Argumente für eine Lockerung leuchten ein: Zwischen den USA und China knistert es an der handelspolitischen Front unverändert. Vorübergehende Waffenpausen bedeuten angesichts der Unvorhersehbarkeit von US-Präsident Donald Trump so gut wie gar nichts. Auch bleibt unklar, wie es zwischen den USA und Europa weitergeht. Womöglich kann Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier anlässlich einer seiner seltenen Besuche in der US-Hauptstadt mehr Klarheit darüber erlangen, ob die wiederholt angedrohten Einfuhrzölle für Autos zu den Akten gelegt werden können.

Die Handelskonflikte lasten jedenfalls ebenso wie die Wachstumsschwäche bei wichtigen Partnerländern auf der Stimmung bei amerikanischen Unternehmen. Sie schrauben ihre Investitionen zurück. Angesichts des Zick-Zack-Kurses des Präsidenten in der Handelspolitik fehlt es ihnen schließlich an der notwendigen Planungssicherheit.

Positiv lässt sich an Powells Auftritt ablesen, dass es der US-Wirtschaft unterm Strich weiterhin gut geht. Der Arbeitsmarkt ist stark, die Wachstumsrate ist recht solide, und die Fed hat ihre Prognose fürs kommende Jahr zuletzt sogar leicht heraufgesetzt. Enttäuscht werden könnten folglich jene Marktteilnehmer, die nun von einer längeren Serie von Zinssenkungen ausgehen. Dasselbe gilt für jene, die erwarten, dass Ende des Monats der Zielkorridor für den Leitzins um 50 Basispunkte heruntergeschraubt wird.

Powell hat jedenfalls umsichtig und souverän gehandelt. Auf die unsinnige Kritik, die US-Präsident Trump an ihm persönlich und an der Fed übte, reagierte er mit Achselzucken. Zwar mag Trump denken, dass er erfolgreich Druck ausgeübt hat, den Leitzins zu senken, und er somit den obersten Währungshüter in die Knie gezwungen hat. Er läge aber voll daneben, sind es doch ausschließlich handfeste ökonomische Argumente, die für Powells Aussagen entscheidend waren.



Quelle: ots/Börsen-Zeitung