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Allgemeine Zeitung Mainz
Freitag, 14. August 2020 um 17:22 Uhr

Kommentar der Allgemeinen Zeitung Mainz zur Lage in Belarus

Mainz (ots) - Die Notwendigkeit, sich in fremde Staatsangelegenheiten einzumischen, richtet sich nach zwei Kriterien: Dem Maß an Ungerechtigkeit und Gewalt, mit denen Diktatoren ihr Volk knechten. Und dem Grad an Widerstand, der sich in breiten Bevölkerungsschichten gegen ein Unrechtsregime regt. In Belarus haben beide Faktoren eine Qualität erreicht, die eine kraftvollere Reaktion der Europäischen Union und auch der deutschen Kanzlerin erzwingen, als sie bisher zu vernehmen waren. Hinzu kommt, dass die Entwicklung auf ein Momentum zuläuft, das eine Ablösung Alexander Lukaschenkos nach 25 Jahren Schreckensherrschaft greifbar erscheinen lässt. Wenn sich erste Minister für die Gewaltexzesse gegen die durchweg friedlichen Demonstranten - wenn auch vorsichtig - entschuldigen, wenn der Diktator selbst schon erklären muss, dass er noch im Amt und noch im Land sei, dann ist es zu seiner Vertreibung nicht mehr weit. Die Unerschrockenheit mit der die Frauen, die Ärzte und die Mitarbeiter in den Staatsbetrieben von Belarus Schläge und Verhaftungen in Kauf nehmen, muss uns nicht nur Respekt, sondern Solidarität abnötigen. Die EU kann durch harte Sanktionen und kluge Hilfsangebote dazu beitragen, dass in Belarus ein Neuanfang möglich wird, ohne dass sie die Fehler einer zu engen Umarmung wiederholt, die ihr in der Ukraine unterlaufen sind. Zwei Randbemerkungen noch: Nun rächt sich, dass die Gesprächsebenen zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin fast abgerissen sind. Positiv ist dagegen zu vermerken, dass Polen als unmittelbarer Nachbar von Belarus seine demokratischen Reflexe wiederentdeckt.



Quelle: ots/Allgemeine Zeitung Mainz