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- Von Sandra Parthie
Das neue Europäische Parlament muss bald beweisen, wie handlungsfähig es ist. Ganz einfach wird das nicht: Die Mehrheitsverhältnisse haben sich verschoben, und auch auf der Themenagenda dürfte es künftig Umbrüche geben.
Parteienforscher sehen die Grünen nach den Erfolgen bei den Wahlen in Europa und Bremen mit Chancen auf die Kanzlerschaft. "Sie haben den zweiten Platz nicht nur im Blick, sie sind bereits die zweite Kraft im Land und damit werden sie ernsthaft um die Kanzlerschaft kämpfen", sagte Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler von den "Blättern für deutsche und internationale Politik", der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Politologe Oskar Niedermayer von der Freien Universität Berlin sagte: "Bei Neuwahlen wäre die Ökopartei die einzige, die profitieren würde - dann müsste man ernsthaft über einen potenziellen grünen Kanzler oder eine Kanzlerin nachdenken."
Der Vorsitzende der Werteunion in der CDU, Alexander Mitsch, warnt die Partei vor einem drohenden Schulz-Effekt. "Solange Annegret Kramp-Karrenbauer nicht im Kanzleramt oder wenigstens im Kabinett ist, wird es keine Politikwende für Deutschland und damit auch keine Trendumkehr für die Union geben", erklärte er im Interview mit dem "Flensburger Tageblatt" und der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Nach Ansicht des SPD-Europapolitikers Jens Geier droht bei einem starken Abschneiden der Populisten bei der Europawahl eine Blockadepolitik, die der Demokratie schaden wird. Im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der Vorsitzende der deutschen SPD-Abgeordneten im Parlament: "Meine Sorge ist, dass viele Staats- und Regierungschefs einen Rechtsruck bei den Wahlen zum Anlass nehmen, stärker auf Nationalismus und weniger auf Europa zu setzen und deshalb im Ministerrat von Konsens auf Konfrontation schalten". Damit erhöhe sich die Gefahr, "dass der Grundkonsens unter den Regierungen, ob und wie wir Europa weiterbauen wollen, erodiert. Das bietet für die nächsten Jahre viel Sprengkraft". Im EU Parlament werde es indes "wieder genug proeuropäische Fraktionen geben, die untereinander einigungs- und kompromissfähig sind", sagte Geier mit Blick auf die Zusammensetzung der Abgeordnetenkammer nach der Wahl.
Fabio De Masi, Vizefraktionschef der Linken im Bundestag, hat seine Partei aufgefordert, im Kampf gegen die Rechten in Europa unterscheidbar zu bleiben. Natürlich sorge er sich wegen des Aufstiegs der Rechten. "Aber Gauland, Le Pen und Salvini sind ja nicht vom Himmel gefallen. Wenn es keine Parteien mehr gibt, sondern nur noch Europäer, muss die Linke unterscheidbar sein", sagte De Masi in einem Interview der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" (Dienstagausgabe).
Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), Stephan Harbarth, hat sich für eine Reform des Föderalismus ausgesprochen. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag) riet der Jurist konkret dazu, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern wieder schärfer zu trennen.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, derzeit auch Bundesratspräsident, will in der Länderkammer ein elektronisches System zur Erfassung der Abstimmungsergebnisse installieren - einen Videobeweis für den Bundesrat sozusagen. Auf Drängen Günthers haben die 16 Bevollmächtigten der Länder beim Bund die Verwaltung der Länderkammer beauftragt, eine "technische Unterstützung des Präsidenten bei der Sitzungsleitung" zu prüfen, berichtete Günthers Bundesbevollmächtigter und CDU-Parteifreund Ingbert Liebing der "Neuen Osnabrücker Zeitung".